Gedankensplitter

Umzüge

Seid ihr auch so häufig umgezogen? Eine Zeitlang pendelte ich ganz schön oft zwischen der Stadt und dem Land – meine Sesshaftigkeit dauert also noch gar nicht so lange an. 

Nach der Matura zog es mich in die große Stadt. Als ich das Diplom abgeschlossen hatte, wieder aufs Land. Solange, bis mich die Sehnsucht nach Wien überwältigte – also zurück ins urbane Leben. Wohnungen, Häuser, erneut aufs Land, immer auf der Suche nach dem perfekten Ort für mich. Überall war es auf seine eigene Art schön und lebenswert. Manchmal folgte man auch Menschen dahin. Nach „Ankunft“ fühlte sich jedoch für lange Zeit nichts an. Dabei empfand ich gerade das als ein erstrebenswertes Ziel. Einfach nur aus innerer Rastlosigkeit oder planlos durch die Welt zu wandern, wäre nicht meins. Dann bleibt man ewiger Nomade auf der Suche nach Glück und Zugehörigkeit. 

Nun ist man also wieder einmal an einem neuen Ort gelandet. Man ordnet Dinge aus Speditionskisten in neue Schränke, um schnell wieder die vertraute Atmosphäre herzustellen. Während andere monatelang aus Kartons leben können, waren sie bei mir stets in Rekordzeit ausgeräumt, damit sich alles bald wieder nach Zuhause anfühlt.

Eine Instanz habe ich dabei oft unterschätzt: meine Seele. Jene Seele, die immer ein Weilchen braucht, um mir zu folgen, die häufig noch an dem Ort festhängt, an dem ich die vorangegangenen Jahre – und manchmal auch nur Stunden – verbracht habe. Die neue Umgebung lässt mich dann ein wenig orientierungslos zurück.
Obwohl man den exakt gleichen Tagesritualen folgt, fühlt sich alles fremd an. Als würde man routinierten Abläufen zum ersten Mal folgen. Ich kann mich an Momente der schieren Verzweiflung erinnern, in welchen ich am liebsten einen Schlafsack gepackt hätte, um in der alten Wohnung auf dem leeren Boden zu campieren. Zu früh erwartete ich zu viel. Ich brauchte ein Weilchen, um zu erkennen, dass ich ein Gewohnheitstier bin, das Vertrautes liebt und Veränderungen so gar nicht leiden kann. Oder – etwas weniger schmeichelhaft ausgedrückt: Ich verteidige meine Komfortzone mit Klauen und Zähnen. 

Während sich ein Ortswechsel früher nach „Raus in die Welt!“ anfühlte, musste ich feststellen, dass mir kürzlich bereits der Tausch eines Sofas das Gefühl gab, ich befände mich in einem Hotelzimmer. Meine Umgebung kam mir irgendwie fremd vor. Vielleicht war aber auch einfach das Umstellen meines Schreibtisches im Zuge dieser Aktion etwas zu gewagt. 😉 

Doch zurück zu den tatsächlichen Umzügen: Dabei zieht man meiner Ansicht nach nicht nur aus, man häutet sich in gewisser Weise. Ein neuer Lebensbereich birgt andere Energien. Man sortiert sein Hab und Gut, das zum Großteil aus nostalgischen Erinnerungsstücken besteht.
Im Entrümpeln bin ich richtig gut geworden, was auch mental nicht schadet. Wenn man sich an die Vergangenheit klammert, klebt man im Leben nämlich fest. 

Zu guter Letzt darf ich von einem Umzug der ganz anderen Art berichten. Jüngst ist jemand zu mir gezogen. Diesmal musste ich keine Kisten und Koffer packen, sondern Platz schaffen für die eines anderen Menschen. Hat das die Energie verändert? Ja. Es hat sie bereichert. Im Augenblick fühlt sich alles nach Herausforderung und schönen Plänen an. 

Die Aufgabe besteht darin, bei Veränderungen geduldig und fürsorglich mit sich selbst zu sein und dem Neuanfang zu vertrauen. Eine gesunde Basis, die Raumschiffbrücke sozusagen, ist die beste Voraussetzung für einen aufregenden Flug durch ein Leben, in dem man allen Sonnen- und sonstigen galaktischen Stürmen sowie Wendungen gespannt begegnen kann – mit dem richtigen Wingman an der Seite, der vielleicht mehr Heimat bedeutet, als jeder Ort zuvor.

4 Antworten auf „Umzüge

  1. Hallo Heidi,

    Umzüge sind mir zwar vertraut, aber ich bin relativ sesshaft 🙂 Seit jetzt sieben Jahren wohnen meine Frau und ich (wieder) in Osnabrück. Als wir ein halbes Jahr zusammen waren sind wir das erste Mal nach Osnabrück gezogen, doch nach ein paar Jahren wollte ich lieber aufs Land ziehen. Also sind wir aufs Land gezogen. Doch nach ein paar Jahren fühlte es sich weder für meine Frau noch für mich richtig auf dem Land an. Also zurück in die Stadt. Allerdings mitten im Grünen. So haben wir beides vereint: In die City schaffen wir es mit dem Rad in 10 Minuten und fußläufig haben wir einen Wald, Park und Wiese vor der Tür.

    Liebe Grüße und einen schönen Sonntag

    Anja

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  2. Umzüge, oh ja, die sind mir vertraut. Früher war ich arg unstet, dies hier ist seit fast 18 Jahren meine neunte eigene Wohnung. Die Gründe für die früheren Wechsel waren vielschichtig, dabei waren auch zwei Trennungsmüllsackfluchten. Die gruseligsten ihrer Art. Lange her, das.

    Liebe Grüße, Reiner

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