Buchtipps · Gedankensplitter

Buchtipp: Zeit für Weiblichkeit – Der tantrische Orgasmus der Frau

Der Titel meines heutigen Buchtipps scheint ein sehr klares Statement abzugeben. Eine tolle Frau drückte mir dieses Werk in die Hand. Obwohl es an die Damenwelt adressiert zu sein scheint, glaube ich, dass auch Männern dabei Augen und Herz aufgehen und sie eine neue, andere Form der Lust entdecken könnten.
Nein, es geht nicht um das Kamasutra. Auch nicht um Sexualpraktiken und schon gar nicht um das Aufpeppen der Erotik. Lasst euch vom Titel des Buches nicht in die Irre führen: Hier steht keineswegs der Orgasmus im Mittelpunkt, denn der Höhepunkt ist nicht immer das Höchste …

Wir werden regelrecht zugemüllt mit tabuloser Erotik, mit irrationalen Pornobildern, die uns Normalität vorgaukeln. Es existiert kein Mysterium mehr, man scheint allzeit bereit für die nächste „heiße Nummer“.

Junge Menschen sehnen sich wieder nach einem gewissen Konservatismus und ich kann es zum Teil sogar verstehen. Wir sind übersättigt von Nacktheit – dabei stumpfen wir ab und vergessen die Sinnlichkeit eines angedeuteten Handkusses. Schaffen wir es noch, uns in der Unschuld zu begegnen, als wären wir Teenager? War das nicht schön damals, als einen ein Kuss in helle Aufregung zu versetzen vermochte? Hand aufs Herz – wer von uns kuschelt noch stundenlang, ohne Erwartung, dass es im Bett endet?

Einen äußerst fragwürdigen Gegenpol stellt die Kirche dar, die uns Lust als verwerflich und sündig verkaufen will – meiner Meinung nach eine fast noch schlimmere Position.
Für mich ist Sexualität die wunderbare körperliche Ergänzung zur seelischen Verbindung – und damit weder Sünde noch ein Produkt einer boomenden Industrie, um Leute anzufixen und noch mehr Geld zu scheffeln.

Unser Körper ist weise und Lustlosigkeit meist nur das Ergebnis eines seelischen Zustands, nicht eines dysfunktionalen Organs. Oftmals weiß der Körper mehr, als uns bewusst ist. Seit Jahrhunderten folgen wir starren Mustern und sind Opfer dessen, was uns permanent von einer geschäftsorientierten Industrie oder religiösen Institutionen eingeimpft wird.
Das macht uns als Menschen und unsere Sexualorgane taub und unempfindlich. Der Reiz muss größer werden, stärker. Es ist dann lediglich eine Frage der Zeit, bis sich Lustlosigkeit und/oder Pflichtgefühl breitmachen.

Wir Frauen müssen uns mit vielen Glaubenssätzen herumschlagen: Es sei normal, nicht so viel Lust zu empfinden wie ein Mann, Kinder und Wechseljahre hemmten die Libido und obendrein würden wir den Schmerz der weiblichen Kollektivseele in uns tragen – geprägt durch jahrhundertelange Unterdrückung, Gewalt und Missbrauch. Ich will das nicht bestreiten, denn woran ich sehr wohl glaube, ist, dass die weiblichen Organe in der Lage sind, seelischen Schmerz zu speichern und infolgedessen eine Art Schutzwall zu bilden. Es könnte uns befreien, würden wir diese Schwere auflösen.
Auch aus Männern macht die gängige Verwahrlosung der Sexualität Opfer. Sie müssen durchweg performen, notfalls unterstützt durch kleine, blaue Pillen zur Leistungssteigerung.

Da sind wir also: Die einen fürchten sich vor Impotenz, während den anderen Frigidität vorgeworfen wird. Stets nur Folgen eines fehlgeleiteten körperlichen Ausdrucks von Zuneigung zwischen zwei Menschen? Ich weiß es nicht.

Bleibt letzten Endes wirklich nur das Buffet aus dem Internet, um Abhilfe zu schaffen?

Wenn zwei sich mögen, braucht es keine auffällig lauten Signale, keine unnötige Hochstilisierung und keine skurrile Inszenierung. Ich glaube, es gibt die Menschen, die das Verhüllte, das Geheimnisvolle und „Distanzierte“ noch reizvoll finden. Irgendwann ist schließlich jeder satt.

Wir könnten einander beste Freunde und Liebhaber werden, ein Team, das sich seine Welt erobert, verspielt ist, Abenteuer erlebt – draußen in der Welt wie drinnen unter einer Decke. Und wer weiß? Vielleicht wiche die Jagd nach immer neuen Höhepunkten dann ja einem Zustand, der nachhaltiger erfüllt …

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