Gedankensplitter

Seelenfrieden

Normalerweise empfinde ich Kalendersprüche als aufdringlich positive Impulse, diesem jedoch konnte ich aufgrund eigener Erfahrungen etwas abgewinnen:
„Ruhe oder Unrast unserer Seele hängen nicht so sehr von großen Ereignissen ab als von der reibungslosen oder fehlerhaften Ordnung des Alltagslebens.“ (Francois de La Rochefoucauld)

Wenn mit großen Ereignissen Schicksalsschläge gemeint sind, löst dies natürlich einen hohen Wellengang der Gefühle und Emotionen aus. Aber das soll hier nicht Thema sein.

In jungen Jahren hatte ich das Gefühl, dass sich viel ereignen müsse, am besten richtig große Ereignisse und Begegnungen, um die Tage mit Inhalt zu füllen. Alles, was nach Alltag roch, war automatisch langweilig und trug vermeintlich nichts zu einem erfüllten Leben bei. Ich strebte nach Reizen, nach Abwechslung und Herausforderung, nach hohen Ausschlägen in beide Richtungen der Skala.
Diese Geisteshaltung verführt dazu, dass man solchen Dingen hinterherjagt, sie hochstilisiert, ihnen einen viel größeren Platz einräumt, als sie verdienen.
Die Gesellschaft macht es vor – immer höher, weiter, am besten anders als am Vortag. Kauf viel, reise viel, triff ständig Menschen auf irgendwelchen Veranstaltungen, geh hierhin, geh dorthin, sei aktiv und am besten dauerhaft in Bewegung. Hast du schon ein Wochenendprogramm oder Urlaubspläne? Halt dich ran!

Tief drinnen sehnte ich mich nach Ruhe. Die erlaubte ich mir nicht, denn dann würde mein Leben ja am Ende eintönig.
Es brauchte einen Weile, um zu erkennen, dass ein strukturierter Alltag, eine gewisse Ordnung und geregelte Abläufe erst die Basis bildeten, um bei mir selbst anzukommen. Davor hatte ich dieses Streben nach großen Ereignissen als eine Art Seelenwunsch empfunden, der eigentlich gar nicht zu mir passt.
Was sich die meisten Menschen nicht eingestehen, ist, dass nun mal der größte Teil unseres Lebens Alltag ist. Na und? Wer hat entschieden, dass das schlecht ist oder fade? Vielmehr sollte unser Bestreben dahin gehen, diesen Alltag anzunehmen und Stille zu ertragen. Inhalt hat wenig mit Aktionismus zu tun.

Inmitten all der vermeintlich „verlorenen“ Zeit tat sich auf einmal der Raum auf für die Dinge, die ich gesucht hatte und die nun weit intensiver, in einer eigenen Schönheit und ohne Lärm zu mir kamen.

4 Antworten auf „Seelenfrieden

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