Er gehört zu den am meisten verwendeten Schlagwörtern in der modernen Psychologie und der Lebensberatung – der Begriff der „Resilienz“.
Wikipedia sagt darüber: „Resilienz (von lateinisch resilire: zurückspringen, abprallen) oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.“
Das klingt vorerst einleuchtend und auch erstrebenswert. Wir sollen keine Blätter im Wind sein, für die das kleinste Lüftchen zum emotionalen Orkan mutiert und droht, den gesamten Stamm wegzureißen. Ein gut arbeitendes „Immunsystem“ in der Psyche ist durchaus zu begrüßen. Bücher und Tipps, Anregungen und Übungen gibt es zuhauf, ist es doch das Ziel eines jeden Lebensberaters und Psychotherapeuten, seine Klienten mit einer stabilen Seele zu entlassen; auf dass er mit dem umgehen kann, was das Leben ihm serviert – im Guten wie im Schlechten.
Lustige Kalendersprüche bedienen sich gern diesen oder ähnlichen Inhalts: Hinfallen, Staub abklopfen, Krönchen richten und weitergehen. Doch genau hier könnte man auch die Kehrseite der Medaille sehen. Mir fehlt dabei nämlich die Entspannungsphase zwischen den einzelnen Schritten. Das lässt den Trugschluss zu, dass man mit einem resilienten Menschen quasi alles machen kann, wenn er nur genug der Resilienz mitbringt – ihn beschießen, verbiegen und umwerfen. Jedoch sind selbst die besten Sprungfedern und die dicksten Äste nicht unendlich belastbar.
Es gibt sie, diese Stehaufmännchen. Mittlerweile gelten sie als Helden des Alltags: der Spitzensportler, der nach einer Verletzung zeitnah wieder trainiert, der Mitarbeiter einer Firma, der ständig Überstunden schiebt und niemals Urlaub zu brauchen scheint, oder der vom Schicksal gebeutelte Lebenskünstler, der sich keinerlei emotionale Schwäche erlaubt, egal wie hart ihm der Alltag zusetzt.
Wenn Resilienz bedeutet, dass man selbst in Krisenzeiten den Blick nach vorne richtet, obwohl die Zukunft ungewiss erscheinen mag, dann finde ich das in Ordnung. Wenn es bedeutet, Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten und Entscheidungen zu haben und sich für vermeintliche Fehler nicht zu hart zu kritisieren, dann ist das der richtige Zugang.
Wir müssen lernen, uns etwas zuzutrauen, denn das kann unser Gehirn nicht von allein. Wir müssen lernen, Selbstvertrauen zu entwickeln. Uns sicher zu sein, dass wir dem Leben gewachsen sind, schadet wohl kaum.
So etwas geschieht allerdings nicht durch Abhärtung oder weitere Aufgaben auf der ohnehin dichten Agenda. Dass wir uns dazu zwingen können, effektiver oder produktiver zu werden, ist ein Irrtum.
Vielmehr erreichen wir den Zustand höherer innerer Leistungsfähigkeit mithilfe eines gesundes Maßes an Erholung. Mithilfe von Stille. Dadurch, dass wir dem Geplapper der Welt entfliehen und wieder ins Universum der leisen Töne eintauchen.
Ob uns die Natur der Ruhe näherbringt, ob es ein Bad ist, eine Plauderei mit einem lieben Menschen, ein Buch, ein guter Film oder einfach eine Weile, die man ins Leere blickt – das muss jeder für sich entscheiden.
Wir stärken uns durch Gelassenheit, nicht durch kämpferisches Gebrüll und harte Disziplin. In diesem Sinne wünsche ich euch Tage der Ruhe und wertvolle Begegnungen mit euch selbst.
Danke für diesen Beitrag, gerade zur rechten Zeit 🌼
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Das freut mich sehr. 🙂
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