Gedankensplitter

Atemlos

„Das Leben sollte nicht an der Anzahl der Atemzüge gemessen werden, sondern an den Momenten, die uns des Atems berauben.“
Autor unbekannt

Der Mensch macht oft und gerne Jagd nach diesen Augenblicken, ist die emotionale Mitte doch eher beängstigend still – weder Hoch noch Tief. Fälschlicherweise wertet man sie daher häufig als Nulllinie. Ganz schlimmes Glücks-EKG sozusagen.

Dabei bedeutet in der Mitte zu sein Glück, das man aus einer gewissen Zufriedenheit bezieht. Die Mitte ist keineswegs mit der bloßen Abwesenheit von Highlights gleichzusetzen. Vielmehr stellt sie die Anwesenheit von innerem Frieden dar. In der Mitte zu sein verbraucht wenig Energie für maximalen Effekt. Man würde staunen, was man alles wahrnimmt, wenn die Wogen nicht hochgehen – egal in welche Richtung. Das Leben ähnelt dann einem See, der keinem Sturm ausgesetzt ist.

Schraubt die Erwartungen und Perfektionsansprüche ans Glück ruhig ein wenig niedriger und schenkt dadurch dem Moment mehr Raum, sich nach seinem Ermessen zu entfalten. Das heißt nicht, dass man gähnend an der Hausmauer lehnen und faul in die Sonne blinzeln soll. Stattdessen geht es um eine Art der gelassenen Achtsamkeit, mithilfe derer man zum stillen Beobachter seiner selbst wird.

Natürlich ist das nicht immer einfach. Ich muss niemandem erzählen, wie heftig einem die Wellen ins Gesicht klatschen können. Wenn man es aber zumindest probiert, wird man bald erste Erfahrungen sammeln können. In dem Augenblick, in dem man aufhört, dem Leben andauernd die eigene Präsenz zeigen zu müssen, steht es vor einem. Wahrscheinlich entdeckt es uns genau dann, wenn wir unaufmerksam sind.

Vielleicht kann man diesen Zustand gedanklich konservieren oder sich zumindest daran erinnern, wenn Sturm aufkommt. Überlegt für euch, ob es wirklich unvermeidlich ist, dass einem sofort die Luft wegbleibt. Manchmal genügt es, wenn man nur eine Sekunde den Atem anhält. Ich habe die leise Vermutung, dass es sich dabei um die wahre Dauer eines Glücksmoments handelt – nur wir Menschen sind es, die stets versuchen, denselben künstlich in die Länge zu ziehen.

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