Gedankensplitter

Stille Wasser

Manchmal hat es fraglos befreienden Charakter, sich emotionalen Ausbrüchen jedweder Art hinzugegeben. Die Lusterfüllung im Drama begleitet uns Menschen von jeher. Sie ist zumindest eine Möglichkeit, das Leben intensiv zu spüren. Sei es in romantischen, in gefühlvollen, in jähzornigen, eifersüchtigen oder leidenschaftlichen Momenten – man lässt Dampf ab, wortreich und von Gefühlen durchtränkt, und geht dementsprechend auch gern mal lautstark zur Sache.

Solche Wogen der hochkochenden Emotionen, die hält nicht jeder aus. Es kann also durchaus passieren, dass das Gegenüber zumindest mental das Weite sucht.

Eines Tages begegnete mir ein Text, der den Vergleich „stiller See versus aufgewühltes Meer“ in den Raum stellte. Glitzerndes, glattes Wasser gegen unheilverkündende, drohende und alles verschlingende Wellen. Dazu wurde die Frage gestellt, zu welcher Szenerie man sich mehr hingezogen fühle, wo man verweilen und von wo man fliehen wolle. Okay, die Surfer unter euch möchte ich an dieser Stelle nicht zwingend ansprechen.

Fühlt man sich sicherer neben stillen, gelassenen Menschen, die Geduld und eine gewisse Distanz zu den Ereignissen ausstrahlen? Oder neben jenen, die sich cholerischen Ausbrüchen hingeben, das Herz völlig ungefiltert auf der Zunge tragen und eine Bühne für hysterische Auftritte brauchen? Neben jenen, die den Menschen ihre Meinung mit Gewalt aufdrücken, mahnend-missionarisch unterwegs sind und immer eine gewisse Grundaggression ausstrahlen?

Ich möchte festhalten, dass sich gelegentliche Gefühlsausbrüche ohne jeden Zweifel reinigend auswirken können und Luftsprünge vor Freude manchmal einfach sein müssen. Ein Gewitter am sonst ruhigen Fluss wird ebenfalls nicht sofort den kompletten Blumenbestand ausrotten. Dennoch sollte das Getöse nicht der Grundtenor sein, sodass das Umfeld schon der Furcht anheimfällt, wenn man zu erzählen beginnt.

Es ist nicht bloß ein Kalenderspruch, dass in der Ruhe die Kraft liegt. Ein paar tiefe Atemzüge, das Hirn weg vom Kampfmodus bewegen, einfach nur mal stillhalten und schauen, ob der Augenblick gerade wirklich das ganz große Drama braucht. Vielleicht reicht auch eine gewisse Annäherung daran.
Man muss etwas nicht mögen, Akzeptanz reicht für den Moment. Der Plan dahinter zeigt sich schon noch, wenn man so weit ist.

Ich glaube, dass Menschen eher zu kriegen sind, wenn man in ihrem Inneren Emotionen auslöst. Es ist auch ein schöner Gedanke, das stille Ufer für jemand anderen zu sein. Und vielleicht braucht der das im Moment ohnehin mehr als Wellenreiten.

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