Es ist kein Geheimnis, dass wir Menschen unsere Trends lieben – und in den letzten Jahren hat sich gerade im Sport eine Menge getan: Während früher eher der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund stand, ist körperliche Betätigung heute durch und durch trendige Lifestylebeschäftigung. „Fun“ und „Auspowern“ sind Schlagwörter, die mir dazu einfallen.
Sportutensilien gehen weg wie warme Semmeln, seien es Bälle, Rollen, Bänder oder Geräte, die einen durchrütteln oder Joggen simulieren. Auch Wände, die Berge imitieren stehen hoch im Kurs.
Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Sich zu bewegen ist IMMER besser, als es nicht zu tun. Als Physiotherapeutin behandle ich jedoch regelmäßig Patienten, die sich überschätzen und permanent überfordern; Patienten, die ihrem Alter völlig unangepassten Sport betreiben oder etwas nur praktizieren, weil es jeder macht oder weil der beste Freund davon schwärmt.
Wie in unzähligen anderen Bereichen haben wir auch hier die Schlichtheit verlernt. Was nicht absolut actiongeladen ist, ist schon fad. Wenn man heute einem Patienten sagt, die beste und gesündeste Form der Bewegung sei einfaches Gehen – das, wofür wir gemacht sind – könnte man ihm genauso gut vorschlagen, ein Leben lang nur mehr nackte Salatblätter zu essen. Okay, außer man spricht von Nordic Walking. Wenn wir fürs Gehen allerdings Stöcke benötigen würden, wären sie uns angewachsen. Aber ich will ja keine Spaßbremse sein, also lasst euch von mir nicht abhalten!
Laufen boomt, doch evolutionär betrachtet diente es der Flucht. Oft hört man: „Dabei kriege ich den Kopf frei“. Das lässt sich leicht erklären: Beim Laufen stellt sich der Körper auf Flucht ein und schüttet hohe Mengen an Stresshormonen aus. Ebenso beim Mannschaftssport, der von Konkurrenz- und Siegesgedanken dominiert wird. Die angenehme Mattigkeit hinterher ist die Antwort des Körpers auf einen Hormonüberschuss. Nicht zufällig bemerkt man bei Menschen, die eine Menge trainieren, unreine Haut oder ein anfälliges Immunsystem. Die ständige Ausschüttung von Cortisol sowie Testosteron rächt sich eben anderweitig.
Wirklichen Ausgleich schaffen moderate „Sportarten“ wie Gehen, Wandern oder Bewegung im Wasser. Auch Pilates, Yoga, Qi Gong und Tai-Chi sind sehr zu empfehlen. Sie kräftigen auf gelenkschonende Weise und man ist nicht darauf angewiesen, ein Gerät in die Hand nehmen. Ach, und nebenbei wirken sie sich noch positiv auf Haut, Organe, Geist und Seele auf.
Natürlich soll jeder machen, was ihm Spaß bereitet, denn Freude nährt die Seele und in weiterer Folge die Gesundheit. Man sollte jedoch beachten, dass nicht jede Sportart für jeden Bewegungswilligen geeignet ist. Außerdem sollten vor allem Hochsensible den Stresshormonspiegel nicht noch zusätzlich in die Höhe treiben, indem sie eher Bewegung als Balance anstreben.