Hochsensibilität

Hochsensibilität: Heilerin vs. Zerstörerin

Viele hochsensible Frauen verstehen sich als „Heilerin“, um einen archetypischen Begriff zu verwenden. Durch ihre ausgeprägte Empathie empfinden sie die Gefühle anderer, als wären es ihre eigenen. Vor allem, wenn Mitgefühl in Mitleid übergeht, haben diese Frauen das fast zwingende Bedürfnis, helfend einzugreifen. Sie scheinen kaum eine andere Wahl zu haben; es wirkt, als könnten sie nur durch diese Hilfeleistung auch sich selbst Linderung verschaffen.

Nicht zu unterschätzen ist zudem der Umstand, dass sie ihren eigenen Selbstwert häufig über das Heilen und Helfen definieren, frei nach dem Motto: Ich bin nur etwas wert, wenn ich mich aufopfere und für andere da bin. Das hat weder mit gesunder Nächstenliebe noch mit Hilfestellung, sondern vielmehr mit ungesunden Grenzverschiebungen auf beiden Seiten zu tun. Es ist Vorsicht geboten, denn man kann sein Gegenüber mit vorauseilender Hilfe auch total überfordern. Welche Optionen hat die engagierte Hochsensible also?

Vor allem sollte sie mit ihrer Aufmerksamkeit bei sich bleiben. Ist man energetisch stets beim Anderen, ist in einem selbst nie jemand zu Hause. Dadurch entsteht eine permanente Leere im eigenen Inneren. Es lohnt sich herauszufinden, was einem gefällt und guttut, und das dann regelmäßig zu praktizieren – das Gehirn lernt durch Wiederholung.

Außerdem: Niemals missionieren, therapieren, heilen und helfen, wo es nicht erwünscht ist! Man weiß nicht, wo der Andere steht, welche inneren Kämpfe er ausficht und ob er überhaupt Hilfe möchte. Was mir guttut, sagt meinem Gegenüber womöglich überhaupt nicht zu. Anstatt umgehend Therapiepläne auszuarbeiten, ist es schlauer, seine Empathie einzusetzen und sich die Frage zu stellen: Werde ich gerade wirklich gebraucht? Oft fährt man mit Diskretion besser, denn für eine HSP kann es ziemlich frustrierend sein, wenn ihre gut gemeinte Hilfe auf Ablehnung stößt. Tritt man im Vorfeld einen Schritt zurück und hört erst einmal nur zu, erspart man sich gegebenenfalls so manche Verletzung. Nutzt man obendrein seine feinen Sensoren, sollte man spüren, wann wirklich Hilfe angebracht ist und wann nicht.

Aber lasst mich von einer nicht minder interessanten Persönlichkeit erzählen – ein weiteres archetypisches Frauenbild und DAS Gegenstück schlechthin zur Heilerin: die Zerstörerin. Diese vermag es, die hochsensible Frau zunächst zu verschrecken, denn eine zu offensive Haltung widerstrebt ihrer fürsorglichen und gerechten Natur. Trotzdem kann man sich der unbändigen Kraft der Zerstörerin bedienen, man muss nämlich nicht sofort die Welt in Schutt und Asche legen. Manchmal reicht es schon, Grenzen zu ziehen und sich von Energievampiren zu distanzieren, welche sich natürlich mit Vorliebe im Umfeld hochsensibler Frauen tummeln. Situationen, Beziehungen oder Arbeitsverhältnisse, die einen mehr auslaugen als bereichern, sollte man hinter sich lassen. Mag heißen, bevor die (Selbst-)Zerstörerin in uns zu wirken beginnt, weil die Heilerin das Gleichgewicht verloren hat, können wir uns zur Wehr setzen und uns der Energie der Zerstörerin bedienen. So werden wir vom arglosen Mädchen zu einer Frau, die ihr Licht sowie ihre Dunkelheit in Anmut balanciert.

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