Gedankensplitter

Vom Ende der Täuschung

Schauen wir uns das Wort „Enttäuschung“ doch einmal genauer an. Darin steckt ganz klar, dass es mit einer Täuschung zu Ende geht, denn um ent-täuscht zu werden, muss man vorher getäuscht worden sein. Obwohl in seiner Bedeutung also durchaus etwas Positives zu finden ist, hat es auf uns eine schon beinahe bedrohliche Wirkung.

Ich habe dich enttäuscht, du hast mich enttäuscht. Das Leben hat einen enttäuscht. Welch enttäuschendes Urlaubswetter. Man ist enttäuscht vom Weihnachtsgeschenk, enttäuscht von den neuen Kollegen. Enttäuscht, weil man betrogen und angelogen wurde, enttäuscht, dass aus dem kleinen Welpen ein dermaßen großer Hund geworden ist. Wir sind alle ständig und gern enttäuscht.
Der springende Punkt ist, dass unsere Enttäuschung den Weg in die richtige Richtung weisen kann. Wie ein Pfeil, der uns quasi an die Stirn genagelt wird, um uns aufmerksam werden zu lassen. Es wird Zeit, die Augen und den Verstand scharf zu stellen – und wenn möglich das Unterbewusstsein gleich mit. Wenn die Emotionen abgeklungen sind, herrscht nämlich wieder Klarsicht.

Nun ist es allerdings so, dass der Mensch nichts lieber tut, als Enttäuschungen zu zelebrieren. Er bereitet ihnen einen Altar, bis auch der Letzte im Universum (wahrscheinlich genau der, der dafür verantwortlich zeichnet) verstanden hat, welch gewaltiges Unrecht einem getan wurde.

Eine Situation, ein Mensch oder eine Idee, die man sich in den Kopf gesetzt hat, wird demaskiert, die Illusion bricht zusammen und übrig bleibt nur, was wirklich echt ist. Ebendann hinzuschauen tut weh, da erzähle ich keine Neuigkeiten. Herz und Kopf bauen mit Vorliebe Luftschlösser, doch die Welt im Elfenbeinturm stellt leider nicht die Realität dar. Eine Zeitlang kann ein Mensch sich mit dem Blick durch die rosarote Brille wohlfühlen, als dauerhafter Sichtschutz taugt Rosa hingegen kaum. Zu viel lässt es durch.

Der Bauch hat es bald kapiert. Der Verstand will sich noch ein wenig dagegen wehren, irgendwann gehen aber auch ihm die Argumente aus. Was nicht ist, ist nicht – und was für einen ist, das muss man sich nicht erkämpfen.

Die gute Nachricht: Wenn man möchte, kann man diese Situationen der Ent-Täuschung hinter sich lassen und sogar etwas daraus mitnehmen. Mit Sicherheit waren sie Diener einer Sache, so rennt man anschließend nicht mehr blinden Auges in Beziehungen und Momente, von denen man insgeheim weiß, dass sie ins Nirgendwo führen. Oder aber man erlaubt sich hin und wieder einen solchen Ausflug in den Zirkus der Illusionen und lässt sich für eine Weile bewusst irreleiten. Man spielt das Spiel um des Spiels willen mit, steht dann auf, zahlt sein Ticket und verlässt das Zelt in Richtung Freiheit und Wahrhaftigkeit.

3 Kommentare zu „Vom Ende der Täuschung

  1. Gefällt mir wieder sehr gut. Der Zirkusclown Geist, gepaart mit seiner Intelligenz. Beiden einfach freien Lauf lassen, ist eine, wenn nicht sogar die größte, Fehlinterpretationen des Menschen. Ein unkontrollierter, wie ein eingesperrter Geist, klammert sich stets an die Intelligenz. Diese wiederum beflügelt oder unterdrùckt die Emotionen.

    Das dabei nichts Gutes entstehen kann und dieses dann zu erkennen, dazu muss man man nun wahrlich kein Intelligenz Bolzen sein. Aber es wird einfach ignoriert. Die Sprache und insbesondere die Deutsche Sprache, bietet dem Verstand zu viele Variationen, als dass der Verstand, diese Einladung ausschlagen wollte. In der Realität stürzt sich der Verstand darauf und macht den Menschen zu einem Sklaven, des Verstandes und seiner Möglichkeiten.

    Durchschaut man das Spiel von Gehirn, Intelligenz und deren Möglichkeiten daraus nicht, dann bleibt man sein ganzes Leben lang, ein Opfer dieser beiden.

    Gefällt 1 Person

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