Wie man meinem Seelenlandeplatz entnehmen kann, begeistere ich mich für Wu wei. Bei Interesse kann man darüber in meiner dafür vorgesehenen Rubrik nachlesen. Als wirklich ganz kurze Zusammenfassung könnte man sagen, dass man dem Leben dieser Philosophie nach erlaubt, sich ohne großartiges Zutun zu entfalten. Keine Kontrolle, kein blinder Aktionismus – Handeln einzig dann, wenn es die Situation erfordert und man es ganz deutlich spürt.
Wer sich je in den Themenfeldern der Spiritualität, Esoterik oder auch nur des Coachings bewegt hat, dem dürften Begriffe wie „Blockaden“, „Transformation“, „Manifestation“, „Schöpferkraft“ etc. nicht fremd sein. All das sind für das Gehirn des Menschen völlig abstrakte Wörter, die es nicht imstande ist, aktiv umzusetzen.
Was aber bedeutet es, sich dem Leben einfach hinzugeben? Wahrscheinlich denkt man als Erstes daran, nicht mit aller Gewalt gegen vermeintliche Widerstände und unangenehme Situationen anzukämpfen. Wie aber sieht es mit Wünschen aus? Oder – um beim Thema zu bleiben – mit dem Manifestieren von Wünschen?
Kann es sein, dass wir hier dem Trugschluss aufsitzen, dass das Manifestieren, an dessen Ende wir die Erfüllung des Wunsches erwarten, uns schließlich im Vollglück zurücklässt? Und dass wir uns einbilden, während des Prozesses auch gleich noch unsere Schöpferkraft zu trainieren und durch die ständigen Transformationen sämtliche Blockaden aufzulösen?
Betrachten wir es einmal von einer anderen Seite: Wenn wir uns tatsächlich dem Leben hingeben, ist ein Wunsch dann nicht bereits ein gewisser Widerstand gegen das, was ist?
Versteht mich nicht falsch, ich spreche hier nicht von kleinen Wünschen oder gewissen Zielen, auf die wir hinarbeiten. Das ist aufregend und wundervoll – vor allem die Spannung, was davon letztendlich Wirklichkeit wird. Viel eher meine ich die Einstellung, dass wir erst glücklich sein können, wenn eine Situation sich exakt wie in der Vorstellung zeigt. Und erst dann. Damit begrenzen wir die Möglichkeiten, die das Leben auf Lager hat, deren Größe und Strahlkraft wir womöglich nicht einmal erahnen können. Ganz zu schweigen von der Abhängigkeit, in die wir uns damit begeben. Wandelt sich die optimierte Situation, können wir dann nämlich auch gleich dem Glück Lebewohl sagen.
Im Geiste bedienen wir uns der allseits bekannten guten Fee mit den drei Wünschen. Hätten wir tatsächlich genug, wenn diese sich erfüllt hätten? Vielleicht sollten wir nur einen einzigen bemühen und uns bestellen, wunschlos glücklich zu sein? Das wäre dann auch nachhaltig.
Das Zitat „Wünschen bedeutet Widerstand gegen die Gegenwart und somit gegen das Leben“ muss erst ein wenig sickern. Doch wenn es das getan hat, erkennt man, wie ständiges Wünschen einen zu kontrollieren vermag.
Oft verdeckt man etwas, das vielleicht einzigartig ist, mit Szenarien, wie es sein könnte. Traumbilder, Fantasie oder doch nur erlernte Stereotypen? Das Leben selbst ist spannend, wild und unberechenbar. Klingt doch wundervoll, oder?
Das Ende der permanenten Wünsche und der damit einhergehenden Erwartungen könnte sich ziemlich optimal auf uns auswirken. Hingabe an das, was ist. Vielleicht mehr als nur eine Schublade aufmachen. Bleibt nur die Frage: Müssen wir dann überhaupt noch manifestieren?
Laut Wu wei und diverser anderer spiritueller oder philosophischer Lehren ist die friedvolle Annahme des Augenblicks die einzig „notwendige“ Übung.
Als ich das erfahren habe, habe ich erst einmal ganz entspannt ausgeatmet …

Liebe Heidi,
diesen Beitrag musste ich erst zweimal lesen! Zu neu sind diese Gedanken für mich. Darüber muss ich erst nachdenken – auch wenn ich Deiner Logik erstmal gut folgen kann. Danke für diesen Anstoss und liebe Grüße, Erika
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Liebe Erika, das finde ich sehr schön, wenn ich dich zu neuen Gedankengängen inspirieren konnte! Einen schönen Abend wünsche ich dir.
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