Gedankensplitter

Echtes Leben

Was ist es, was Menschen berührt, sie glücklich macht und sich lebendig fühlen lässt? Jene kreativen Geister, die uns inspirieren und denen man gern zusieht, scheinen ihre faszinierenden Ideen mit einer Natürlichkeit in die Welt zu tragen, dass wir uns ihrem Charme gar nicht entziehen wollen.

Ich persönlich genieße den Rückzug und bin recht genügsam, was Entertainment betrifft. Damit meine ich nicht Inhalt und Qualität, sondern hochfrequente Besuche diverser Veranstaltungen und Freizeitbespaßung. Ich habe meine Bücher, meine Musik, interessante Dokus oder spannende Serien und bleibe der Kultur auf der Spur. Dazu gibt es viele Möglichkeiten.
Aber manchmal scheint das reale Erlebnis dann doch zu fehlen; Erfahrungen im persönlichen Livestream: Haptik, Gerüche, Farben und Töne am eigenen Leib erfahren. Natur kann man nicht via Bildschirm erleben, die sollte man direkt aufsuchen.

Tanz hat mir früher viel bedeutet. Ich habe jahrelang selber getanzt, heute genieße ich den Genuss des Zusehens. Mit Tanzschritten lassen sich ganze Geschichten erzählen. Damit meine ich kein wildes Gehopse und ein Gebärden, das Fremdscham auslöst. Nehmt euch stattdessen einfach mal in die Arme und wiegt euch zur Musik. Ihr werdet staunen, wie wunderbar nonverbaler Austausch sein kann. Gern auch allein mit euch im stillen Kämmerlein. 
Oder lasst uns mal über das Thema Kochen sprechen. Wie sieht es aus? Kocht ihr noch selbst? Also so richtig, mit Zutatenzettel schreiben, einkaufen gehen, Gemüse schnippeln und aus den Töpfen kosten? Klar geht es schneller mit Fertigware. Aber ich glaube, man schmeckt die Begeisterung und Neugier, die ein Mensch in ein Gericht steckt.

Haben wir noch den Mut für Abenteuer, Gespräche und Begegnungen, die einen so richtig packen, die Nachwirkzeit brauchen, um sich richtig zu entfalten? Lassen wir uns noch in die Herzen blicken? Geben wir unsere Gedanken frei?
Sind wir daran interessiert, der Welt philosophisch auf den Grund zu gehen? Haben wir Fragen zu Gott, an den Nachbarn, den Arbeitskollegen, ja sogar an den Partner oder die Partnerin, die mehr darstellen sollten als einen Teil des Haushalts?

Ich mag Menschen, die zufrieden leben können, sich selbst genügen und gerade deshalb noch Neugier übrig haben. Oberflächlichkeit und Bequemlichkeit machen sich ohnehin nach allen Seiten breit. Sie lassen Menschen so sprachlos, nahezu traumlos zurück.
Mal wieder Appetit haben auf das echte Leben und sich dann todmüde fühlen von all den schönen neuen Eindrücken – wäre das nicht etwas für zwischendurch?

Raus aus den Schneckenhäusern und Mauslöchern, ihr kreativen Chaoten, ihr aufs Leben Hungrige, ihr hoffnungslosen Romantiker und in die Liebe Verliebten. Ihr Träumer, die ihr einen trüben Regentag nicht als depressive Bedrohung fürchtet und euch trotzdem auch mal in die Mittagshitze hinaustraut. Ihr Menschen, die ihr noch Gewitter mögt und richtig viel Schnee, euch dann aber auch wieder auf das erste Eis im Sommer freut.
Wobei man das auch im Winter essen kann. Ich mein ja nur.

8 Kommentare zu „Echtes Leben

  1. Liebe Heidi,

    da war er wieder…der Moment der Verbundenheit. So schön geschrieben und doch so schwierig umzusetzen. Mir fällt es zur Zeit immer schwerer, mein innerstes mit anderen zu teilen. Wohl weil ich zu neutral bin. Ich beobachte die Geschehnisse in der Welt mit wachsender Sorge. Dabei versuche ich das Ganze im Blick zu behalten, was dazu führt, dass ich mich nicht so eindeutig platziere, wie es andere Menschen gerade gern hätten. Ich war immer schon jemand, der Farben mochte. Schwarz-Weiß-Denken liegt mir einfach nicht. Aber das grenzt mich zur Zeit häufig aus. Mehr mag ich dazu gerade nicht sagen. Liebe Grüße Claudia

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    1. Liebe Claudia, das ist schön, wenn ich diese Verbundenheit erzeugen kann.
      Ich glaube, es wird sogar tendenziell wichtiger, sein Innerstes zu beschützen. Wird man gefragt, kann man ja antworten. Ich denke, dass die meisten reflektierten Menschen momentan in Sorge sind. Da bist du nicht alleine. 🤗

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  2. Wie wahr… ich lese deinen Blog nach einem herrlich schweißtreibenden Aufstieg auf den Berg… Jetzt sitze ich da heroben in der Sonne mit wunderschönem Ausblick auf den See und die Lansdchaft… und schicke dir eine Umarmung und ein Danke für deine Worte, auf die ich mich jeden Sonntag freue ♡

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    1. … und wenn das nicht echtes Leben ist! 🤗
      Gerne würde ich in diesem Augenblick daneben sitzen und das teilen. Herzlichen Dank, das ist mein Lohn als Schreiberin. Ich umarme dich zurück! ❣️

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