Gedankensplitter

Wienflashbacks

Ich habe Wien unzählige Liebeserklärungen geschrieben. Eine davon beinhaltet folgende Passage:

„Obwohl er für meine Wenigkeit ursprünglich eine ländliche Heimat auserkoren hat, hat Gott sich irgendwann die kleine Tücke überlegt, mich mein Herz obendrein an die Großstadt verlieren zu lassen – genauer gesagt an Wien. Nun ist es ein bisschen so, als würden zwei Geliebte um mich buhlen.

Während manche Stadtbewohner den Menschenmassen und Häuserschluchten entfliehen, wenn sie nach dem verlockenden Grün streben, das ihre Wochenendhäuser umgibt, habe ich häufig das Gefühl, dass die Stadt mir ihre Arme entgegenstreckt. Als würde sie mich willkommen heißen und mir verführerisch mein Korsett aufschnüren wollen, Band für Band,
sodass ich wieder ich selbst sein kann.“


Wenn mich der Alltag verschlingt, überfordert oder sich glanzlos zeigt, dann flüchte ich mich manchmal in diese Atmosphäre. Ich nenne das meine „Wienflashbacks“. Dabei ist es mir möglich, Menschen in die Augen zu blicken und mit ihnen zu sprechen, einer Tätigkeit nachzugehen oder Auto zu fahren – in Gedanken aber bin ich an gewissen Orten meiner Stadt.

Ich sehe mich durch die engen Gassen schlendern, habe sie vor mir, diese Lieblingsplätze, die mir ganz zufällig abseits der Touristenpfade begegnet sind. Ich fühle das Geheimnis der anbrechenden Nacht, wenn die Dämmerung sich über die Häuser legt und die Hektik des Tages einem gewissen Mysterium weicht. Ich ahne, was alles möglich sein kann in der samtigen Dunkelheit.
Selten sind es menschliche Begegnungen, die ich dabei im Kopf habe. Vielmehr ist es die Stadt an sich, mit der ihr eigenen Aura.

All das fällt in die Rubrik „Dinge, die nicht (mehr) gelebt werden müssen“. Ich habe keinerlei Ambitionen, wieder nach Wien zu ziehen. Heute würde mich das vermutlich eher stressen.
Meine Erinnerung jedoch ist unantastbar. Sie kann nicht angegriffen oder beschmutzt werden.
Darin wird die Stadt immer funkeln und mein Herz mitnehmen.

Ich glaube, meistens lächle ich dabei … 🙂

2 Antworten auf „Wienflashbacks

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