Nun haben HSP ja den Ruf, ganz viel Rückzug zu brauchen, die Stille zu suchen, am liebsten eingeigelt in ihre vier Wände. So weit, so richtig.
Aber sie können auch anders. Und da spreche ich jetzt nicht von den High-Sensation-Seekers. Unter HSP gibt es durchaus Persönlichkeiten, die den „Kick“ suchen.
HSP sind nicht gerne geistig unterfordert. Ihr stets wacher Geist braucht ein gewisses Maß an Beschäftigung, aber nicht in Form von Grübeln über Sorgen und Probleme, sondern in Form von Anregung, positiv-geistiger Arbeit und Tiefgründigkeit.
Smalltalk ist für die meisten eher anstrengend, wo man doch jede Menge Psychologie, Philosophie oder einfach spannende Tagesthemen zur Auswahl hat. Eine HSP wird immer lieber über die Sinnfragen des Lebens sprechen, als über Einkaufslisten und Putzpläne, dicht gefolgt von Wetteranalysen und gesundheitlichen Befindlichkeiten. Trotzdem empfiehlt es sich, sich auch daran zu beteiligen, sonst befindet man sich irgendwann in der Außenseiterrolle.
Den meisten ist bekannt, dass HSP weit höher Burnout gefährdet sind als NSP, vernachlässigt wird aber, dass sie ebenso Boreout gefährdet sind, was nichts anderes als die chronische Unterforderung bedeutet, die sich paradoxerweise in den exakt gleichen Symptomen wie das Burnout zeigt.
Dies geschieht vor allem, wenn eine HSP in einem eintönigen Job arbeitet, der ihren Anlagen und Talenten so gar nicht entspricht. Da versöhnt auch der Gedanke nicht: „Aber das Geld stimmt wenigstens.“
Beziehungen, die auf einer Nulllinie dahin laufen, wo nur der Alltag dominiert und keine Zeit bleibt für klare und lebendige Gespräche, daran verhungert eine HSP.
Freundschaften, die nur dazu dienen, gemeinsam den Fußballplatz oder laute Lokale aufzusuchen, Bekanntschaften, die nur der Freizeitgestaltung dienen und jeglicher Gesprächsbasis entbehren, sind für eine HSP schnell uninteressant. Lieber nur ein guter Freund, der bei einem anregenden Gespräch mit einem am Küchentisch sitzt. In Zeiten der weltweiten Vernetzung kann dies auch ein Brieffreund sein, mit dem man sich intensiv austauschen kann. Das ist für viele HSP das pure Vergnügen und entspricht ihrer Natur.
Alles ist besser als geistiges Brachland.
Aber das wird zu selten erwähnt, denn meistens geht es nur um die schnelle Reizüberflutung und Überforderung der HSP. Sie sind eben auch damit beschäftigt, der Unterforderung entgegenzuwirken – denn auch die kann zu einem zu starken Reiz werden.
Es gilt, die Balance zu halten: Ein bisschen Small Talk soll schon sein, auch mal Zeiten, wo es dahinplätschert, aber dann wieder für den richtigen Input sorgen. Das ist gesund.
