Gedankensplitter

Unsere Leidenschaft für Hindernisse

Schon Kafka hat uns geraten, unsere Zeit nicht mit der Suche nach Hindernissen zu vergeuden, weil möglicherweise gar keine da sind.

Es scheint, als würden wir uns ohne Steine im Weg nicht lebendig fühlen oder anders gesagt: wir trauen dem Frieden nicht. Der verdächtig ruhig erscheinende Augenblick schürt leises Misstrauen: das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen. Sicher lauert die „Gefahr“ schon im Hinterhalt, man deutet einen Blick, eine Geste und ein Wort viel tiefgründiger, als es gemeint war. Dann dieses nagende Gefühl, dass man möglicherweise im Dunkeln tappt, nur sein Kopfkino zu Verfügung hat, bohrt einem ein Loch in die Magenwand.

Früher hat man sich wegen Kleinigkeiten aufgeregt. Im jugendlich hitzköpfigen Überschwang schoss man wie eine Rakete in die Luft, machte den Emotionen Luft, ohne Rücksicht auf Verluste oder die Gefahr hin, dem anderen beim Start den Kopf gleich mit abzureißen.

Gut, da ist man im besten Fall ein wenig ruhiger und besonnener geworden, auf dem Weg zum Erwachsenen-Ich muss man nicht mehr jedes kleinste Gefühlsfünkchen zum Flächenbrand ausarten lassen. Wie kommt der andere denn dazu?

Also alles gut. Eigentlich. Stille im Außen. Jetzt beginnt das Hinhorchen. In sich selbst, die Intuition. Funktioniert sie noch? Durchschauen wir, was rings um uns passiert? Kommt uns nur ja keiner falsch oder unehrlich daher oder meint es nicht gut mit uns? Gründe dafür? Gibt’s grad eigentlich nicht. Macht der Körper noch so, wie wir wollen oder ist da nicht doch ein Symptom? Es ist ja nur so ein Gefühl…

Vielleicht sollte man genau an diesem Punkt innehalten und sich fragen: muss ich alles wissen? Alles durchschauen? Immer davon ausgehen, dass das Leben schwierig funktionieren muss? Vielleicht hat das Leben grad eben ein stabiles Plateau, kein Wetterumschwung in Sicht, und das nagende Gefühl ist kein Instinkt, sondern alte Glaubenssätze und noch ältere Erfahrungserinnerungen, die ein bisschen zwicken, die Gunst der ruhigen Stunde schamlos ausnutzen, um sich Gehör zu verschaffen. Damit man sie endlich einmal anhört. Geben wir ihnen ein paar Streicheleinheiten und ein wenig Zuwendung, das haben sie schon verdient. Aber dann muss es auch wieder gut sein. Es kann doch nicht angehen,  dass wir uns vor dem Glück fürchten. Uns selbst so gering schätzen, dass wir nicht davon ausgehen, dass wir verdient haben, dass momentan der Lauf gut ist oder bald wieder sein wird.

Ausatmen, dem Augenblick vertrauen, das Leben ist sowieso Veränderung. Sparen wir uns die Energie für Situationen, wo wir sie tatsächlich wieder brauchen können. Bis es soweit ist, lassen wir unsere Fantasie, anstatt ihr zu erlauben, dass sie uns Streiche spielt, von der Leine und sich kreativ austoben. Oder sozial. Hilfsbereit. Es gibt immer Dinge zu tun, die uns ein wenig von uns selbst ablenken und sinnvoller sind.

Oder einfach nur mal wieder ab zum Schaukeln in die Hängematte in dem guten Gefühl: alles passt, alles ist gut.

4 Kommentare zu „Unsere Leidenschaft für Hindernisse

    1. Meiner Meinung nach ist alles viel zu laut. Die Welt, die (negativ) Gedanken im Kopf, erst, wenn man das alles ausblenden kann, ist die Atmosphäre wieder rein für sanfte, ruhige, angenehme Töne. Und die sind überall willkommen.

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  1. Das mit dem Magen kenn ich.😖
    Ich hoffe es ist schon besser, oder im günstigsten Fall schon vorbei.
    Hindernisse gibt’s im realen Leben zu Zeit wahrlich genug.
    Da sollte man für sich selbst keines sein.

    Alles Gute dabei.😀

    Gefällt 1 Person

    1. Sehr wahre Worte! Wie oft man sich selbst im Wege steht, bzw fast meistens ists man selbst. Dann erkennt mans schon und no chance. Aber die gute Nachricht ist, der Aufwand, davon abzulassen, lohnt sich! 🙂

      Alles Gute auch!

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