Gedankensplitter

Freundeskreise

Der Liebe stellt man gern das Attribut „bedingungslos“ an die Seite, so sie ehrlich und ohne Kalkül stattfindet. Ich glaube, es ist allgemein bekannt, was damit gemeint ist: dass sie sich frei von Manipulationen, Egospielen, Befindlichkeiten und Erwartungen oder gar „Sanktionen“ entfalten darf.
Wie aber steht es um unsere Freundschaften? Haben wir je darüber nachgedacht, dass es hier ebenso sein sollte?

Es existieren verschiedene Arten von Freundschaften, etwa die aus dem Kindergarten oder aus der Schule. Später finden sich welche im Studium und auf dem Arbeitsplatz. Mit manchen wird man verkuppelt, andere schneien völlig zufällig ins Leben. Und wenn wir ganz viel Glück haben, dann treffen wir eine verwandte Seele – und diese Verbindungen halten wohl ein Leben lang. Denn abgesehen von dem natürlichen Gleichklang, in dem man schwingt, erfüllen sie zumeist das Kriterium der Bedingungslosigkeit.

Ich habe das Glück, solche Menschen um mich zu haben. Mein engster Kreis kennt keinen Druck, keine Erwartungen daran, wie man zu sein hat oder wie intensiv die Freundschaft gepflegt gehört.
Was bedeutet das überhaupt, „eine Freundschaft pflegen“? Dass man sich so und so oft treffen, hören, umeinander kümmern sollte? Dass man immer zur Stelle sein sollte, wenn Bedarf besteht – völlig unabhängig davon, ob es gerade überhaupt in die eigene Tagesverfassung passt?

Meine Freunde zählen nicht, wie oft wir uns sehen oder etwas miteinander unternehmen. Sie wissen, dass ich den Rückzug brauche und deshalb nehmen sie es auch niemals persönlich, wenn ich auf ihren Feiern nicht erscheine. Lieber tausche ich mich mit ihnen im intimen Rahmen aus. Oder in stundenlangen Telefonaten, wo wir einander von Herzen gern unsere Zeit schenken. Wenn sie ein Problem haben, wissen sie, dass ich für sie da bin, soweit es in meiner Macht und Kraft steht. Dasselbe gilt natürlich umgekehrt.

Wie oft jedoch entstehen auch unter angeblichen Freunden reine Zweckgemeinschaften? Wie oft wird die Beleidigte gemimt, sobald man die eigenen Bedürfnisse nicht erfüllt bekommt und dann meint, das Gegenüber habe aus Desinteresse, Ignoranz oder Gleichgültigkeit gehandelt? Es wird kurz angebunden agiert, die kalte Schulter gezeigt und insgeheim gehofft, dass die andere Partei das spürt und ihre Lektion lernt.
Stolz ist selten ein guter Ratgeber, und ist nicht gerade dieses Verhalten ein Zeichen von Egoismus? Davon auszugehen, man wisse, warum die Freundin oder der Freund sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten hat, halte ich für vermessen. Ist die Freundschaft stabil und nicht auf Sand gebaut, dann ist völlig klar, dass dieses oder jenes Verhalten auf gute Gründe zurückzuführen ist und niemals aus böser Absicht resultierte.

Ich glaube, nur unter der Bedingung der Bedingungslosigkeit kann sich jede Form der zwischenmenschlichen Beziehung zu einer wunderbaren und lebenslangen Verbindung entwickeln. Wenn jeder sein kann, wie er ist, und seine Eigenheiten sowie den persönlichen Charakter ganz ohne Bedenken mitbringen darf.

Mein Freundeskreis ist ein Engelskreis, denn wir geben einander Sicherheit, Halt und wunderschöne Momente des liebevollen Austausches. Wir wissen, dass wir Anlaufstelle für akute Fragen sind, wenn das Leben mal anstrengend um die Ecke kommt, aber auch, um Glücksgefühle noch einmal zu erleben und zu teilen.

Ihr seid großartig❣️

10 Kommentare zu „Freundeskreise

  1. Eine wunderschöne und auch treffende Beschreibung der Freundschaft. Zum Glück besitze auch ich einen solchen engeren Freundeskreis für die liebevollen Momente, gemeinsame Erlebnisse und auch Unterstützung in harten Zeiten. Dafür bin ich sehr dankbar! Liebe Grüße, Erika

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