Gedankensplitter · Gesundheit

Wunderheilung

Wenn ein Mensch über einen längeren Zeitraum Schmerzen hat, ist das bestimmt ein zermürbender Zustand. Da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn er Lösungen sucht und neuen – manchmal ganz schön exotischen – Therapieansätzen offen gegenübersteht.

Ich arbeite mit Schmerzpatienten und werde oft gefragt, was ich von dieser oder jener Therapieform halte. Von manchen habe ich noch nicht einmal gehört, einiges kommt aus den Ecken der sogenannten „alternativen Heilmethoden“, für die es keinerlei wissenschaftlichen Wirkungsnachweis gibt. Das muss erst einmal nichts heißen. Ich bin sicher, dass wir nicht alles, was dem Menschen weiterhelfen kann, auf dem Schirm und grundlegend erforscht haben. Aber wenn ich dann nach meiner Meinung zu Dingen gefragt werde, die ein wenig arg nach Hokuspokus klingen, erregt das eher meine Skepsis denn Neugier.

Noch vorsichtiger sollte man bei Heilsversprechen werden, denn ein solches kann weder jemand aus der Schulmedizin noch aus der energetischen Heilarbeit geben. Ich halte so etwas für höchst unseriös.
Wir bieten an, wir handeln nach bestem Wissen und Gewissen und aufgrund unserer Erfahrungen, stützen uns auf das, was wir gelernt haben – und trotzdem ist jeder Mensch ein Individuum, das völlig eigen auf diverse Behandlungsmethoden reagieren kann. Es existieren Statistiken, es lassen sich Wahrscheinlichkeiten ableiten und ja, manchmal geschehen auch „Wunder“, die sich niemand erklären kann. Das ist großartig. Aber was ich fatal finde, ist, wenn aufgrund eines Einzelfalles oder gern auch mehrerer Erfolgsgeschichten herumerzählt wird: „Dahin MUSST du gehen, das wurde mir empfohlen, weil dort bis jetzt alle geheilt wurden und das mit nur einem Mal – und ganz fernab der Schulmedizin!“
Es kursiert leider noch immer die Meinung, dass ebendiese uns krank macht, ja, womöglich gar darauf ausgelegt ist.

Ich habe Berichte gehört, da sind ganze Ortschaften zu derartigen Wunderpraxen gepilgert. Nicht wenige kamen enttäuscht und um viel Geld erleichtert wieder nach Hause.
Wie gesagt, ich bin überzeugt, dass es gute Matches zwischen kranken Menschen und deren Behandlern und Behandlerinnen gibt – aber überlegt einmal logisch: Wäre ein einziger Mensch in der Lage, ausschließlich Heilerfolge einzufahren, und das bei jedem einzelnen, der ihn aufsucht, es würde jede andere Behandlungsmethode obsolet machen. Nebenbei wäre er die berühmteste Person der Welt und mit Sicherheit Milliardär. Und trotzdem führen viele von ihnen ihre ganz normale Praxis weiter, wie sämtliche ihrer Kolleginnen und Kollegen auch.

Was ich meinen Patienten rate, ist, ihren Körper nicht abzulehnen und ihm stattdessen zu zeigen, dass sie ihn mögen. Es passiert allzu leicht, dass man über den schmerzenden Teil schimpft, sich abwendet oder ungeduldig wird. Behalten wir am Schirm, was dieser Körper alles für uns leistet, ganz ohne unser Zutun: Er atmet, bewegt sich, er fühlt, er verdaut und steuert sowohl ein Hormon- als auch ein Fasziensystem, derer jedes für sich allein schon ein einziges Wunderwerk darstellt. Anstatt dieses Geschenk zu feiern, legen wir den Fokus auf das, was uns missfällt. Wir gehen sorglos mit ihm um, ernähren ihn schlecht, bewegen uns kaum, gönnen ihm nicht den Schlaf und die Ruhe, die er braucht. Es beleidigt uns nahezu, wenn er nicht sein Bestes gibt, wenn er unserem Perfektionsanspruch nicht genügt.
Es fließen Unsummen für Heilsversprechen jeglicher Art, ob in der Kosmetik oder für Behandlungsmethoden, die uns das Blaue vom Himmel versprechen. Dabei haben wir die Mittel selbst in der Hand. Und ja, es sind dies die Klassiker, die wir alle kennen: Wasser trinken, Ernährung, moderate und gesunde Bewegung – vor allem die, die sich für uns gut anfühlt.

Womit wir unserem Körper am meisten schaden können, ist Stress in jeglicher Form: Arbeit, Grübeln, Freizeitstress, Zoff in der Beziehung, der Familie, etc. Hier anzusetzen macht meines Erachtens am meisten Sinn, weil man inzwischen weiß, dass er die Ursache vieler Beschwerdebilder darstellt, und diese Tatsache logisch betrachtet auch gleichzeitig die Lösung beinhalten kann. Am besten in Form der Prophylaxe durch Vermeidung oder zumindest Reduktion.
Das und ein wenig Selbstfürsorge, gern auch ein Quäntchen Liebe, vermag wahrscheinlich so manches kleine und vielleicht sogar das eine oder andere größere Wunder zu vollbringen …

3 Kommentare zu „Wunderheilung

  1. Ein wundervoller Beitrag, der so viele Facetten zur Gesundheit zusammenfasst.

    Ganz verheerend finde ich, mit welchen Versprechungen Werbung für Nahrungsergänzungen, Fitnessprogrammen, etc. in den sozialen Medien gemacht werden und wie viel Geld dahin fließt. Die vermeintlich schnelle Lösung scheint manchmal doch zu verlockend.

    Unsere Gesundheit verschlechtert sich meist nicht über Nacht. Und so ist es auch verständlich, dass der Genesungsprozess auch seine Zeit benötigt.

    Vielen Dank für den interessanten Einblick.

    Viele Grüße Theia

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  2. Liebe Heidi,
    das ist ein guter Beitrag, vor allem ein realistischer und gefällt vielleicht nicht jeder/jedem.
    Es ist oft viel einfacher, zu einem sogenannten Heiler zu laufen und dort sein Leid zu klagen als bei sich selbst anzusetzen. Ist ja auch mühsam, an den kleinen Schrauben wie Ernährung und Bewegung anzusetzen.
    .
    Aber wir kennen unseren Körper selbst am besten und wissen auch, wie er reagiert und was ihm guttut.
    Und es braucht vie Geduld und Beharrlichkeit, dann bessert sich vieles!
    Liebe Grüße
    Erika

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