Gedankensplitter

Das Leserevival

Manchmal ereilt einen das Gefühl, dass gewisse Dinge ihre Zeit hatten, aus der Mode gekommen sind und nur mehr ein Nischendasein fristen. Einiges wurde von digitalen Versionen oder Alternativen abgelöst und scheint maximal noch den Charme der „Old-School-Attitüde“ zu tragen. So vermeintlich geschehen bei Büchern.
Kleine Läden mussten den Onlinegiganten weichen, der E-Book-Reader hielt Einzug in die Haushalte und Zeitschriften wurden abbestellt, weil ihr Pendant im Internet immer attraktiver wurde.

Kürzlich aber las ich einen Artikel darüber, dass Statistiken ein Revival von Büchern oder eher dem Lesen aufzeigen. Unter jungen Menschen entbrennt eine regelrechte Leidenschaft dafür, sich mit einer guten Lektüre zurückzuziehen und in die eigene Fantasiewelt, in die Stille oder in große Abenteuer einzutauchen, denen keine Grenzen gesetzt sind. Sie fühlen, was Menschen auch früher schon fühlten: wie gut Lesen tun kann.
Abgesehen vom Feinschliff von Ausdruck und der Erweiterung des eigenen Wortschatzes löst der Aufenthalt in anderen Welten ein tiefes Wohlbehagen aus. Dementsprechend hoch ist der Wert für die mentale Gesundheit. Zumindest kann das Lesen einen Beitrag dazu leisten – und vermutlich einen weit größeren, als gemeinhin angenommen.
Es wurde herausgefunden, dass eine Lesezeit von bereits zehn Minuten pro Tag das Stresslevel eklatant senken kann. Man schläft leichter ein und besser durch, wenn man sich dieser ruhigen, geistigen Tätigkeit im Bett hingibt. Lesen kann Ängste und düstere Grübeleien reduzieren. Dieser Tatsache wird sich in der sogenannten Bibliotherapie bedient, in der man Bücher in einem professionell-klinischen Therapiekontext verwendet.

Ich lese, seit ich die Buchstaben für mich entdeckt habe. Die Bibliothek war in der Kindheit einer meiner Lieblingsorte, noch vor jedem Spielplatz. Den Zugang zu kreativen Geschichten empfand ich als pures Glück, als Erweiterung meines Lebensraumes und als Inspiration. Oft war es nur ein einziger Satz, den ich daraus mitnahm – und manche bereichern mein Leben bis heute, fallen mir in gewissen Situationen ein und sind mir dann ein wertvoller Input. Es handelt sich um geistige Ausflüge in Welten, die schöner nicht sein könnten.

Wie erfreulich zu hören, dass diese Magie wieder aufersteht und ihren Platz unter den jungen Menschen findet. Manche Kunst ist eben zeitlos und kein rasanter, technischer Fortschritt vermag sie ganz von der Bildfläche zu verdrängen.
Natürlich spiegelt sich der Zeitgeist im aktuellen Leseverhalten wider. So spielen die sozialen Medien eine bedeutende Rolle. In diesem Zusammenhang finde ich den Austausch unter den Menschen schön, der da unter #bookstagram, #booktok oder @literaturpalast läuft. Es finden sich also nicht nur Reise- oder Kosmetiktipps im Netz, hier tummeln sich auch sogenannte „Bookfluencer“, was ich persönlich für großartig halte.

Wer jetzt sagt, für Bücher wäre in seinem engmaschigen Alltag kein Platz, dem muss ich leider widersprechen. Nein, Zeitmangel hat als Ausrede längst ausgedient. Über die Plattformen Audible oder Spotify kann man sich heutzutage nämlich auch vorlesen lassen, wenn man Weg- oder Wartezeiten hat. 😉

Somit bleibt festzuhalten, dass die Welt des geschriebenen Wortes jedem offensteht. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es sich lohnt, sich dorthin vorzuwagen und möglicherweise sogar darin zu verlieren …

2 Kommentare zu „Das Leserevival

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