Gedankensplitter

Es ist immer dasselbe!

Der Mensch liebt seine absoluten Aussagen. Mit dem Partner sei es immer dasselbe. Die Arbeitsmoral der Kollegen würde sich niemals ändern. Beamte seien alle gleich und außerdem würde jeder so denken. Ich halte Skepsis für angebracht.

Derartige Aussagen implizieren, dass wir außerstande wären, uns weiterzuentwickeln, unsere Meinung zu ändern oder dieselbe auch nur neu abzugleichen. Abgesehen davon, dass es sich um bloße Behauptungen handelt – man pauschalisiert ohne konkretes Hintergrundwissen.
Noch kritischer wird es, wenn man jemanden auf ein einziges Wesensmerkmal reduziert und ihn danach beurteilt, bzw. höchst irritiert reagiert, sollte er sich einmal nicht gemäß der Erwartung verhalten.

Wir tragen unglaublich viele Teilpersönlichkeiten in uns. Kaum auszumalen, wie gesund es wäre, ihnen Beachtung zu schenken und anzunehmen, dass heute die eine und tags darauf die andere das Ruder an sich reißt. Vielleicht agiert heute dieser und morgen jener aus uns. Vielleicht trotzt gerade unser inneres Kleinkind oder es empört sich der aufgebrachte Moralist. Womöglich lebt der eine im Moment seine weibliche Seite aus und der andere seinen Nihilismus.
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, aber das muss gar nicht sein; wir kennen doch die beliebtesten (Vor-)Urteile. Wir haben bereits eine Meinung über eine Person, noch bevor wir ihre Biografie kennen. Nicht jeder „Exot“ hatte eine schwierige Kindheit, ist verpeilt oder kriegt das Leben nicht auf die Reihe.

Auch in ganz alltäglichen Beziehungen zwischen Eltern, Kindern, Freunden, Paaren und Arbeitskollegen halte ich diese Einstellung für nicht gerade vorteilhaft. „Du bist so und so, es ist immer dasselbe mit dir, das wird sich niemals ändern.“ Ich denke, das darf weg aus zwischenmenschlichen Beziehungen. Klingt irgendwie nach Misstrauen.

Ich glaube, dass es uns durchaus möglich ist, zu beobachten und uns weiterzuentwickeln, so wir dazu bereit sind. Wir dürfen übrigens auch unsere Partner oder Freunde auf deren Wegen unterstützen, anstatt uns davor zu fürchten, sie könnten nicht mehr diejenigen sein, die wir kennengelernt haben. Wer weiß schon, welch anderer spannender Teil sich womöglich in ihnen verbirgt? Vielleicht können wir sie dadurch ganz neu entdecken.

Lasst uns diesen Panoramablick über unsere eigene und die innere Vielfalt anderer Menschen behalten und den Dingen einmal einen Vertrauensvorschuss gewähren. Abhauen kann man später immer noch.

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