Gedankensplitter

Gleich oder nicht gleich?

Also, wie ist das jetzt mit unseren Partnerschaften? „Gleich und gleich gesellt sich gern“ oder „Gegensätze ziehen sich an“?

Betrachten wir es physikalisch, müsste man Letzteres unterschreiben – und trotzdem hört man von vielen Beziehungen, die aufgrund unterschiedlicher Interessen, Charakterzüge, Zukunftspläne oder Wertvorstellungen scheitern. Das sind dann diese berühmten „unüberbrückbaren Differenzen“. Spontan würde man sich angesichts dessen wohl doch eher ersterem Ansatz zuwenden wollen.

Der Mensch, der ja am liebsten in seiner Komfortzone verweilt, neigt dazu, sich einen Partner zu suchen, der quasi identisch tickt, sodass sich mit der Zeit eine fast symbiotische Beziehung entwickelt. Das erzeugt vorerst ein Gefühl der absoluten Zusammengehörigkeit und Sicherheit, womit sämtliche Glückssysteme im Hirn aktiviert werden. Nach einiger Zeit aber wird gejammert, wie langweilig das alles doch geworden ist, dass die Beziehung weder eine Herausforderung birgt noch den Geist anregt. Im extremsten Fall wird sich dann jemandem zugewandt, der das totale Gegenteil des angeblich „gleichklingenden“ Partners darstellt. Wir sind also erneut beim Gegensatz gelandet. Kompliziert, dieser Mensch!

Wahrscheinlich ist es die Schnittmenge, die wir uns genauer ansehen sollten.

Es ist sicher nicht verkehrt, in grundlegenden Dingen wie der Wahl des gemeinsamen Lebensmodells auf einen Nenner zu kommen. Auch was die gemeinsame Freizeit betrifft (die persönliche darf und sollte man weiterhin selbst gestalten), schadet eine gewisse Einigkeit keineswegs. Der Stubenhocker wird mit dem Partytiger auf Dauer womöglich seine Probleme bekommen, der Sonnenanbeter wohl kaum mit dem Herbstfan im Regen tanzen wollen.

Andererseits sollte man die Angst vor Charakterzügen, die einem selbst vielleicht fremd sind, ablegen. Diese könnten sich nämlich durchaus als erfrischende Bereicherung herausstellen. Immerhin ist es erwiesen, dass wir uns zu Menschen hingezogen fühlen, die etwas ausstrahlen, woran es uns selbst mangelt.

Nichts sollte übertrieben werden, weder die totale Anpassung noch der kompromisslose Egotrip. Beides kann einer gesunden Beziehung ungemein schaden. Manchmal sollte man einfach miteinander in der imaginären Hängematte liegen und sich vom vertrauten Rhythmus tragen lassen – dann aber auch wieder über etwas staunen, was man vom Partner nie erwartet hätte. Anstatt sich zu erschrecken, könnte man sich ja vielleicht sogar ein wenig anstecken lassen …

2 Kommentare zu „Gleich oder nicht gleich?

  1. Gleiches sucht und findet Gleiches, immer.
    Da bin ich mir sicher.

    Verwirrend sind nur die vielfältigen Erscheinungsformen gleicher Ebenen, die dann verschieden wirken können. Wer tiefer schaut, erkennt das. So hat die Bedürftigkeit tausend Gesichter, ebenso das Wachstum, der Aufbruch, die Neugier, die Heilung. Was auf den Wegen zusammengehört, bleibt zusammen.

    L.G. Reiner

    Gefällt 2 Personen

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