Gedankensplitter

Masters of the Universe?

Eine wunderbare Übung in Sachen Demut ist es, gesundheitlich nicht auf dem Damm zu sein – und da reicht eine simple Erkältung – schon steckt man quasi mitten in der Trainingsphase. Im Übrigen existieren neben dem Corona-Virus noch etliche andere, die uns am Schopfe packen können, das wird aktuell ja manchmal vergessen.

Es ist erstaunlich, dass man dem Virus, das einen heimgesucht hat, kaum etwas anhaben kann, es uns jedoch so einiges – vor allem, wenn man seine Größe zu der unseren ins Verhältnis setzt. Da gehst du nichts Böses ahnend deinem Tagesgeschäft nach und hast plötzlich Schmerzen beim Schlucken. Es hat dich aus dem Hinterhalt überfallen und du hättest unmöglich in der Lage sein können, es kommen zu sehen. Nein, man hört nicht, wie es sich anschleicht, man spürt nicht, wie es sich in einem ansiedelt – ein unsichtbares, kleines Gastgeschenk der verseuchten Mitmenschen, die im Alltag deine Wege kreuzen.

Du probierst alles, um es schnellstmöglich loszuwerden: Lutschtabletten, jede Menge Tee, Erkältungsbäder. Hysterisch konsultierst du Dr. Google und erkundigst dich nach den neuesten Schnupfenbekämpfungsmitteln der Alternativmedizin, denn du willst den Körper ja nicht gleich mit der Chemiekeule niederprügeln.
Das kleine Kerlchen, das es sich da auf deiner Schleimhaut bequem gemacht hat, amüsiert sich derweil köstlich über all deine unausgegorenen Abwehrstrategien. Um dir das zu verdeutlichen, kriecht es vom Hals in die Nase hinauf, macht selbige dicht und zwingt dich, durch den Mund zu atmen. So verschafft es sich schließlich Zugang zu den Bronchien und dir einen Husten, der das Potenzial hat, dich die halbe Nacht wachzuhalten – ein wahrer Flächenbrand auf dem vergleichsweise riesigen Menschen: phänomenal! Eigentlich müssten wir applaudieren.

Dabei geht es noch schlimmer: Bakterien mögen zwar nicht bedeutend größer sein, doch wenn es blöd läuft, setzen diese dich mal eben komplett oder zumindest für ein paar Monate außer Gefecht.

Dinosaurier, diese beeindruckenden Urzeitriesen, sind längst ausgestorben. Letztlich waren sie der Evolution nicht gewachsen. Diese winzigen Mikroorganismen jedoch scheinen alles zu überleben. Wahrscheinlich nicht größer als eine Zelle, aber von Jahr zu Jahr aggressiver, raffinierter und resistenter gegen die Erzeugnisse der Pharmalobby. Und wenn sich sonst nichts durchboxt, so ein kleines Virus ersteht aus dem größten Brachland. Wahrscheinlich kann denen nicht einmal Tschernobyl was.

Da sollten wir glatt überdenken, ob wir wirklich das Größte und Mächtigste im Universum sind, oder? Vielleicht gibt es ja einen Grund für die Existenz der kleinen Biester und sie wollen uns gar nichts Böses. Vielleicht haben wir sie an der Backe, weil wir mal wieder aus purem Hochmut gehandelt haben.

Gerade dann, wenn besonders viel ansteht, was unter keinen Umständen versäumt werden darf, wenn wir regelrecht funktionieren müssen, scheinen wir ihnen am wenigsten entgegensetzen zu können. Ja, je größer der Stress, desto schwächer das Immunsystem – und je schwächer das Immunsystem, desto leichter haben sie es, uns anzugreifen und in die Knie zu zwingen.

Ich habe den Verdacht, dass sie genau in jenen Momenten, in denen wir sie am meisten zu vermeiden trachten, eigentlich unsere Verbündeten sein wollen. Verbündete im Kampf gegen die ewige Tretmühle und das auslaugende Streben nach völlig banalen Dingen. „Runter vom Gas, brems dich, schlaf dich aus, nimm dich nicht so wahnsinnig wichtig – die Welt dreht sich heute auch ohne dich weiter“, höre ich sie rufen.

Womöglich wäre es ja sinnvoll, das Setzen von Prioritäten – das allgemeine Herunterkommen – einem Bombardement durch Chemiekeulen vorzuziehen… und dem neurotischen Händewaschen ein klein wenig Seelenhygiene. 😉

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