Zum Thema Verschwörungstheorien könnte man endlos lange Beiträge schreiben. Ich versuche mich deshalb kurzzuhalten und eine Frage in den Raum zu stellen.
Von jeher haben sie Menschen fasziniert, die Aufgeklärten amüsiert – richtig kaltgelassen haben sie niemanden. Kam das Gespräch auf sie, haben Letztere oft milde gelächelt und gemeint: „Ach, lasst ihnen doch ihren Spaß.“
Zum ersten Mal wurde man ein wenig aufmerksamer während der Corona-Pandemie. Hier konnte man sehen, dass so manche Theorie die Gesellschaft spalten konnte. Man stellte sich zum ersten Mal die Frage: Ist das alles wirklich so harmlos, wie wir alle tun?
Ich habe eine Dokumentation über ein wissenschaftliches Experiment gesehen, bei dem man zwei Gruppen von Studenten krude Theorien vorlegte. Zuvor hatte man die eine mit eher beunruhigenden und Chaos stiftenden Nachrichten gefüttert, die andere hat man einfach ruhig arbeiten lassen. Es zeigte sich, dass die erste Gruppe weit anfälliger für die präsentierten Behauptungen war.
Sozialforscher fanden heraus, dass vor allem jene Menschen offener für Verschwörungstheorien sind, die entweder verunsichert, ängstlich, einsam, unzufrieden oder alles auf einmal sind. Gefestigte, sozial abgesicherte Menschen tendenziell weniger. Auch die Bildung dürfte eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Der perfekte Boden, um den Samen zu säen. Und dann dürfen wir natürlich nicht außer Acht lassen, dass diese Geschichten dreimal spannender wirken als die nüchterne Realität und weit mehr faszinieren. Dazu noch ein paar Gleichgesinnte und fertig ist eine neue Gruppe „Erwachter“.
Auf Plattformen wie TikTok oder Instagram tummeln sich selbst ernannte Aufdecker, die die Blindgänger aufwecken wollen, sollten sie der „Mainstream-Wissenschaft“ auf den Leim gegangen sein. Dabei agieren sie mit Vorliebe lautstark und reißerisch.
Glücklicherweise existieren auch Gegenstimmen. Eine davon ist Milo Rossi, ein junger Archäologe, der bereits an Universitäten Vorlesungen hält, und auf fundierte Art und Weise dagegenhält. So hat er sich zum Beispiel eines ganz besonderen Anhängers „alternativer Sichtweisen“ angenommen – und es stehen einem die Haare zu Berge, was jener Influencer vom Stapel lässt. Es geht um Prä-Astronautik-Thesen und andere wahnsinnig mystische Pseudowissenschaften. Pyramiden sind DAS zentrale Thema, darum ranken sich die haarsträubendsten Behauptungen. Die „Quellen“ dieser Recherche finden sich teilweise in fiktionalen Romanen oder Satire-Websites.
Der junge Archäologe, der sich dem Stoff rational und evidenzbasiert nähert, entkräftet die Behauptungen des „Experten“ in einigen wenigen Videos.
Was mich daran am meisten beeindruckt hat, war seine leidenschaftliche Rede am Ende des ersten Teils, in der er seinem Gegenüber ins Gewissen redet, doch bitte die Verantwortung zu zeigen, die er mit 1,5 Millionen Followern nun einmal zu tragen hat. Er fragt ihn, wie er es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, Lügen unter so vielen Menschen zu verbreiten und falsche Informationen einfach so unters Volk zu streuen, allein für die Klickzahlen und den eigenen Ruhm. Dabei bedient er sich weder der Polemik noch anderer greller Schlagzeilen – weshalb ich seine Theorien auch als stille Kraft der Wahrheitsfindung betitelt habe.
Es mutet fast witzig an, dass diese Netz-Aufdecker der Wissenschaft vorwerfen, nicht offen zu sein.
Milo schmunzelt zu Recht darüber: Wenn ich als Wissenschaftler nicht offen bin für Entdeckungen aller Art – wer dann?
Die Frage, die mich nun beschäftigt, ist folgende: Darf im Rahmen der Meinungsfreiheit tatsächlich alles wahllos als einfache Meinung durchgehen? Als netter Zeitvertreib, weil es halt aufregender ist, ein Ventil für den eigenen Frust oder ein so innig ersehntes Gefühl der Zusammengehörigkeit zu haben?
Sollte nicht zumindest eine Warnung darunter stehen, wie in jeder Packungsbeilage?
Ich bin nicht (mehr) sicher …

Ein schwieriges Thema.
In Zeiten, in denen „fake facts“ nur oft und laut genug wiederholt werden müssen, um ihre Anhänger zu finden, kann man manchmal nur mit dem Kopf schütteln. Auch ich habe erfahren, wie schwierig eine solche Diskussion ist. Man wird regelrecht niedergeschrien und wenn man selbst nicht zu den Lauten gehört, hat man schlechte Karten.
Was tun? Auch ich bin ratlos.
Liebe Grüße
Erika
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Da sprichst du etwas sehr Wichtiges an, liebe Erika. Dafür danke ich dir. Ich habe heute bewusst den Titel geändert, weil ich die Kraft der Wahrheit hervorheben wollte, die es nicht nötig hat, andere niederzuschreien. Was tun? Das ist eine gute Frage. Sich nicht von Polemik mitreißen zu lassen und gut zu recherchieren könnte ein Anfang sein. Danke für deinen Kommentar und ganz liebe Grüße an dich!
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