Gedankensplitter

Musikgeschichte

Keine Angst, ich werde euch nicht mit der Arbeit, die ich im Zuge meiner Musik-Matura geschrieben habe, langweilen. Lasst euch von mir stattdessen auf eine ganz persönliche Zeitreise mitnehmen. Eine Zeitreise, die auf unterschiedlichsten Liedern basiert. Vielleicht erwecke ich damit ja manch schöne Erinnerung.

Wenn ich an die 80er denke, wird alles in mir bunt. Damals fühlte ich mich unbeschwert, wild, kreativ – Aufbruchsstimmung in das Leben, das verheißungsvoll vor mir lag.
Klar waren da die Klassiker wie Duran Duran, Kim Wilde, A-ha, Madonna, Michael Jackson oder Cyndi Lauper – ihr Song „True Colors“ berührt. Das Konzert von Michael Jackson war sicher eines meiner imposantesten Konzerterlebnisse überhaupt. Ich wähnte mich auf einem anderen Stern, der von einem Ausnahmetalent regiert wurde.
Letztlich waren es dann aber doch oft andere Bands, die mich richtig packten – beispielsweise Bronski Beat mit „Smalltown Boy“. Die hämmernden Synthie-Beats und der tranceartige Falsettgesang von Jimmy Somerville lösten etwas in mir aus: Ich liebte diese Art der Tristesse, die mich an einen Nebeltag in einer Großstadt entführte.
„I Want Your Love“ von Transvision Vamp transportierte, was mich damals schon bewegte, auf stürmische, leicht punkige Art und Weise. Da dachte ich noch, die Liebe sei etwas ausschließlich Verspieltes.
Bei Kajagoogoo hatte jeder Limahl im Auge; als er seine Solokarriere startete, übernahm Nick Beggs (bis dahin der begnadete Bassist der Band) die Lead Vocals. „Turn Your Back on Me“ faszinierte mich mehr, als es „Too Shy“ je vermochte.
Wenn ich träumen wollte, bettete ich mich in den sanften Sound von Fairground Attraction. „Find My Love“ oder „Moon on the Rain“ – vernehme ich eines dieser beiden Lieder, bin ich automatisch verliebt.
Weitere Perlen aus dem Jahrzehnt: „Love Is a Battlefield“ (Pat Benatar), „Never Let Me Down Again“ (Depeche Mode), „Such a Shame“ (Talk Talk), „Blister in the sun“ (Violent Femmes) und „Wuthering Heights“ von Kate Bush. Sorry, Kate, aber dein „Running Up That Hill“ finde ich von Placebo einfach viel besser. Darin spüre ich meinen Herzschlag.
Natürlich fühlte ich mich im Mainstream wohl – die Popkultur der 80er war ein weites Feld mit schier unendlichem Output –, aber auch die Avantgarde zog mich an. Mit Begeisterung frönte ich französischem Pop. „Etienne“ von Guesch Patti zählt noch immer zu meinen Favoriten. Wenn ich das höre, überkommt mich ein Gefühl von grenzenloser Freiheit. Dann will ich wieder Atlantis suchen.

Nach meiner ausgiebigen Beschäftigung mit der Musik der 80er kehrte ich dem Synthie-Pop erst einmal den Rücken, um mich für eine Weile in den 60ern und 70ern herumzutreiben. Obwohl lange vor meiner Zeit, schien es mir einen Blick wert. Schuld daran war selbstverständlich das andere Geschlecht. In diesem Fall gleich zwei Jungs – Brüder. Die für mein jüngeres Ich coolsten Menschen, die der Planet je gesehen hatte – und darüber hinaus mit einem ebenso erlesenen wie breit gefächerten Musikgeschmack ausgestattet.
Dem Sog der beiden konnte sich in der Schule kaum jemand entziehen. So kam es, dass ich die Biografie von Jim Morrison las, in „The End“ schwelgte und noch heute „Piece of My Heart“ von Janis Joplin oder „White Rabbit“ von Jefferson Airplane großartig finde. Die Wagner-Opern-Empfehlungen habe ich derweil noch zur Seite gelegt.
Melanie, ja, auch die mag ich immer noch. „Lovin´ the Boy Next Door“ hat den Fairground-Attraction-Sound und „Racing Heart“ bringt mich zum Weinen. Um jede verlorene Liebe.

David Bowie … Was soll ich sagen? Er begleitete mich durch jedes Jahrzehnt. Ich verehre ihn als Menschen, als Mann und als Künstler. Längst habe ich ihm einen eigenen Beitrag gewidmet, den ihr hier auf dem SLP finden könnt. Aus diesem Grund werde ich heute nicht näher auf ihn eingehen.

Als eines Tages schließlich die 90er anbrachen, gab ich mich dem Grunge hin. Und außerdem der elektronischen Musik. Nein, nicht dem Techno in seiner schrillen Ausprägung; hier will ich The Prodigy ins Feld führen. „Poison“, „Their Law“ oder „Firestarter“ rissen mich vom Sitz. Ich kann mich erinnern, dass der junge Mann, auf dessen Schultern ich während des Prodigy-Konzertes ausrastete, nachher Hämatome im Nacken hatte. Tapfer. 😉
Keith Flint zog als exaltierter Sänger natürlich alle Blicke auf sich. Ich jedoch war unglaublich angetan vom Mastermind dahinter: Liam Howlett. Er war der Stille hinter den Turntables und verantwortlich für den unverwechselbaren Sound der Gruppe. Mir wurde bewusst, dass mich begabte, aber introvertierte Menschen anzogen – das sollte so bleiben.
R.E.M. („E-Bow the Letter“ oder „Leave“!), Alanis Morissette, Pearl Jam – hier konnte ich meinem Hang zu Nostalgie und Melancholie schwerelos frönen. „Into the Wild“ sah ich mir nur an, weil Eddie Vedder den Soundtrack beigesteuert hatte. Seine Stimme ist bis heute eines meiner liebsten akustischen Signale. Dieses Timbre löst ein Gefühl in mir aus, als würde ich mit den Fingern über Samt streichen.
An dieser Stelle fällt mir „Liebesbrief“ von Thomas D ein. Das Lied habe ich bereits in den Neunzigerjahren meiner wahren Liebe gewidmet. Nichts kann mich vor deiner Wirkung auf mich retten …

Irgendwann entdeckte ich heimische Musikkunst in der Person des Hubert von Goisern. Seine Konzerte waren eine Bereicherung in jeder Hinsicht – musikalisch, menschlich und philosophisch, garniert mit seinem ganz eigenen Humor.
Danach streifte mich vieles nur noch. Es gab einzelne Lieder oder Künstler, die mich kurzfristig packten, doch die Nachhaltigkeit, die ich von früher kannte, wollte sich nicht mehr einstellen. Vermutlich entwickelte sich dafür auch der Zeitgeist zu rasant: Castingshows, musikalischer Einheitsbrei, gemachte „Künstler“. Bestimmt hat mich manches erreicht, aber nicht mehr in der ehemaligen Tiefe.
Billie Eilish wird gerade groß gefeiert, davor hat mich jedoch schon Birdy mit ihrem fragil gehauchten Gesang berührt. „Skinny Love“ transportiert eine Traurigkeit, die ich als entrückt empfinde. Okay, Billie, „Happier Than Ever“ ist toll, weil dieses Lied ab der Hälfte zur Überraschung wird.
Aus aktuelleren Zeiten würde ich noch Avicii alias Tim Bergling nennen, aber das hat sehr persönliche Gründe. Das musikalische Wunderkind aus Schweden war mir von Anfang an menschlich näher als seine Lieder, auch über seinen Tod hinaus.
Wenn man sich der Qual seiner Seele nähern will, hört man eher „Somewhere in Stockholm“ oder „Alcoholic“ denn „Wake Me Up“. Love you, Tim.

Meine wohl überraschendste Begegnung hatte ich allerdings im letzten Jahr. Und das nicht nur auf menschlicher Ebene. Da kam der Metal, den ich bis dahin punktuell gut fand, gleich mit der Tür ins Haus und mir eröffnen sich seitdem ganze Universen an Unentdecktem.
Weit davon entfernt, eine Expertin zu sein und noch viel zu blank auf dem Gebiet, kann ich mich bloß abholen und berühren lassen. Ich hatte wahrscheinlich Vorurteile, verstand die Kunst und auch Poesie dahinter nicht wirklich, und ich bin erfüllt davon, dieses Neuland entdecken zu dürfen.
Du schickst mir Lieder, die mich zu etwas zwingen, was ich davor gar nicht empfinden wollte. Der Beginn einer wunderbaren, musikalischen Verbindung – das sagt mir mein Gefühl. Ich habe dabei ganze Theaterkulissen vor meinem inneren Auge, wage mich in Gefilde, in denen ich lieber deine Hand nehme. Sicher ist sicher.
Kanntet ihr Dornenreich oder Borknagar? Verpasst es nicht.

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