Berühmte Menschen aus Kunst, Film, Musik, Schriftstellerei... · Gedankensplitter

Mein Falco-Moment

Wenn du aus Österreich kommst, bist du Falco-Fan – und bist du kein Falco-Fan, bist du trotzdem einer. So einfach ist das. Falcos Todestag ist einer dieser Tage, von welchem die Leute noch immer genau wissen, wie sie ihn verbracht haben.

Viele Menschen hatten irgendwann ihren Moment mit Falco, sei es wegen eines Lieds, eines Konzertbesuchs oder einfach aufgrund schöner Jugenderinnerungen.

Mein Falco-Moment war etwas ganz Besonderes; die Zeit, die sich darum rankte, war eine der besten meines Lebens. Sie vereinte zwei Welten in sich: Ich hatte die Ehre, das Team (Musiker, Tänzer, Schauspieler) der Musicalproduktion „F@lco – A Cybershow“ von Paulus Manker, dem Enfant terrible der Theaterszene, als Physiotherapeutin zu betreuen. Zudem konnte ich mich ganz meiner Liebe zur Musik und zum Theater hingeben.
Es war die freieste Zeit meines Lebens. Wien hat mir stets das Korsett der Enge aufgeschnürt und mich atmen lassen. Ich tauchte ein in eine Szene, die unkonventionell war. Meine Arbeitszeit begann, als andere bereits in den Feierabend starteten. Ich behandelte meine mir anvertrauten Schützlinge vor der Show, zwischen den Akten und danach. Manchmal ging ich um 2 Uhr früh aus dem Theater. Müdigkeit kannte ich nicht, ich hatte die Energie eines Leuchtkörpers.
Wir waren ein Team, eine eingeschworene Gruppe. Sensible Künstler vertrauten mir ihre Lebensgeschichten an. Ich traf auf Austropop-Größen, die ich als Teenager aus der Hitparade kannte und die mich herzlich in den Arm nahmen. Hansi Lang, deinen Auftritt zum Intro von David Bowie werde ich nie vergessen; deine Interpretation von „Ganz Wien“ war einer der Höhepunkte des Abends. Mittlerweile hast du dich zum anderen Hans gesellt.

Heute sehe sich manche der damals noch unbekannten Darsteller im Fernsehen. Jedes Mal erinnere ich mich an die Therapiestunden im alten Ballettsaal des Wiener Ronacher und an das, was wir uns seinerzeit erzählten. Wir machten Wien unsicher, gingen um Mitternacht essen und genossen unsere eigene Welt. Der Hauptdarsteller und ich wurden dicke Freunde, auch über die Cybershow hinaus. Eigentlich hätte ich den Mietvertrag meiner Wohnung kündigen können, denn die meiste Zeit verbrachten wir zusammen. Pehton, danke für alles, was ich durch dich lernen durfte. Ich hoffe, es geht dir gut, dort, wohin das Leben dich verschlagen hat.
Als die Produktion sich dem Ende zuneigte, überreichte man mir ein riesiges, handbemaltes Plakat – Zitate, Danksagungen, beste Wünsche und liebevolle Worte. Sätze wie: „Heidi, you kept me in the show, God bless you.“ Der Abschied glich dem von einer liebgewonnenen Familie – es flossen viele Tränen.

Die Show selbst war ein Spektakel. Die Sesselreihen im Parkett mussten einer riesigen Bühne in Form des Klammeraffen weichen, um die sich später das Publikum scharte. Auf diese Art und Weise waren die Schauspieler von Zuschauern umgeben. Über der Hauptbühne erschien Falco, überlebensgroß als Avatar – ein Gänsehautmoment. Die arrogante Attitüde, die unvergleichliche Klangfarbe seiner Stimme, die gut getroffene Mimik, seine Körpersprache, alles war da. Da ich einen Pass für diverse Bereiche des Theaters hatte, konnte ich die Show besuchen, wann immer ich wollte. Ich kann nicht zählen, wie oft ich sie gesehen habe. Die Faszination war ungebrochen.

Todd, ein begnadeter Tänzer aus New York, und ich hatten einen bestimmten Moment in der Show, den wir wiederholten, wann immer ich anwesend war. Ich stand stets an der gleichen Stelle an der Bühne, er tanzte genau dort hin und dann schickten wir uns unser Zeichen. „The Sound of Musik“ kann ich nie wieder ohne diesen Augenblick im Kopf hören.

Aber lasst mich nun zu erwähntem Falco-Moment kommen. An zwei oder drei Abenden gab es hinterher noch ein Clubbing, bei dem die Leute weiterfeierten. Die Klammeraffenbühne war natürlich abgesperrte Zone, alles spielte sich rund um sie ab. Manchmal nahmen wir daran teil, meistens aber zogen wir uns in den Backstagebereich zurück.
Eines Abends packte Todd mich an der Hand und meinte: „Los, Heidi, jetzt kommst du einmal mit mir auf die Bühne.“ Erst wollte ich mich von ihm losreißen. Vor all diesen Menschen ins Rampenlicht zu treten machte mich unglaublich nervös. Doch dann befreite sich ein Teil von mir, wir erklommen die Bühne und alles war schlicht magisch.
Ich war wie berauscht, anders kann ich es nicht beschreiben. Todd neben mir, der mich keine Sekunde aus den Augen ließ und mir Sicherheit gab, die Musik, die ich in jeder Pore fühlen konnte, die Menschen, die uns applaudierten und zujubelten … In diesen paar Minuten waren wir der Mittelpunkt des Theaters – und mehr brauchte es auch gar nicht.

Für einen Augenblick hatte ich die Bühne mit Falco geteilt.

3 Antworten auf „Mein Falco-Moment

  1. Herzlichen Dank für das Teilen deiner Erinnerung. Wunderbar.
    Falco Moment: Ich stamme aus Deutschland und bin durch durch Falco nach Österreich gekommen, zu meinem Mann. Falco hat uns also quasi verkuppelt – postum.

    Gefällt 3 Personen

Hinterlasse einen Kommentar