Gedankensplitter

Technikliebe

Mein Vater war ein sehr intelligenter und aufgeweckter Mensch, der sich seine Neugier auf die Welt bewahrt hatte. Manches hat er an mich weitergegeben: die Liebe zum Tanz und zu den Tieren und das „aus dem Häsuchen sein“ bei technischem Spielzeug.
Er hat sich in seinen Keller zurückgezogen, wenn wieder einmal ein mysteriöses Päckchen mit der Post ankam, das auf den ersten Blick undefinierbare Gerätschaften enthielt, erweiterte Antennenanschlüsse, irgendwelchen Hickhack für Gartengeräte, Fernbedienungen mit Knöpfen wie für eine Raumschiffbrücke. Staunend betrachteten wir die Teile und hatten keine Ahnung, aber er war begeistert, und er meinte, das auch alles zu brauchen.
Es tut mir sehr leid für ihn, dass er das Zeitalter des Internets, der modernen Telefonie mit all ihren Gerätschaften, all der modernen Technik, nicht mehr erleben durfte. Was wäre das für ein Schlaraffenland für ihn gewesen! Unser Keller hätte ausgebaut werden müssen.

Aber ich mache ihm alle Ehre.
So sehr mir der momentane Zeitgeist auch Respekt einflößt und ich der Meinung bin, dass das Tempo der Entwicklungen manchmal zu rasant für das Gehirn der Menschen ist – an der Technik komme ich nicht vorbei.

Nehmen wir zum Beispiel einen Festplattenrecorder inklusive Blue Ray Player mit einem Terrabyte Speicherkapazität – stundenlang kann ich die Tiefen und Untiefen eines solchen Schatzes erforschen und mich durch Programme wühlen, um einen guten Film aufzeichnen zu können. Die gepeicherten Dateien kann ich dann noch umbenennen, sperren, schneiden, in einer Cloud archivieren, ich bin fassungslos. Radios, Fernsehgeräte, die eingestellt werden müssen, Fehlerquellen erschließen und im besten Fall beheben? Ich bin die Frau am Ort der Aufregung.
Ein alter Laptop, dem man die Festplatte auf Werkszustand zurücksetzen will? Immer nur her damit. Ich kann stundenlange Google-Recherchen betreiben, wie man Dinge hinbekommt. Wo andere das Ding aus dem Fenster werfen wollen, da beiß ich mich durch. Da setzt mein Ehrgeiz erst ein.
Ein neuer PC, der aufgesetzt werden und auf den man die Daten des alten transferieren will? Einer soll ich unterstehen, mir das abzunehmen! Ich verberge solche Sachen vor Menschen, die mir da eventuell zur Hand gehen wollen, außer natürlich, ich stoße an die Grenzen meiner persönlichen Fähigkeiten. Dann scheue ich mich nicht, um Hilfe zu bitten.

Was mich komischerweise weniger berührt ist der Hype um die Smartphones. Das nervt mich eher, dass die immer mehr können, und manchmal das Telefonieren mit selbigem am wenigsten funktioniert. Iphones und neue Galaxien und noch dazu alles obszön überteuert – das prallt an mir ab.
Dagegen das Tablet! Der große Bruder. Das hab ich damals, als es auf den Markt kam, genußvoll hinausgezögert, bis es endlich den Weg in meinen Haushalt finden durfte.
Ich kann mich stundenlang mit Musik beschäftigen, den MP3-Player neu aufsetzen, Ordner mit Lieblingen erstellen, USB-Sticks mit Liedern für das Auto befüllen. Dabei kann ich dann gleich dazu tanzen, und mein Hund sieht mir dabei zu. Papa wahrscheinlich auch und lächelt.
Meine neueste Errungenschaft ist ein WLAN Radio. Endlich kein störendes Rauschen, ein digitaler Empfang, Musik aus aller Welt, die ich zusammentragen kann. Grenzenloses auditives Vergnügen.

Viele Menschen haben eine für mich nicht nachvollziehbare Aversion gegen den Fortschritt und die Technik. Als wünschten sie sich das Wählscheibentelefon zurück. Ist es Angst vor Veränderung? Überzogenes Nostalgiegebaren? Technik hat uns vieles erleichtert, sie ist wie alles, kein Feind, sondern erstmal neutral. Wie Menschen sie nutzen, das ist das springende Punkt, aber nicht, dass es sie gibt.

Ich mag es, mich mit Technik zu umgeben, und ich denke oft daran, welche Superhirne dahinter stecken, die das alles entwickeln. Der Mensch, der einst die Glühbirne und das Rad erfunden hat. Der sein Potential und seine Schöpferkraft immer weiter entdeckt, weiter entwickelt, größer denkt.
Wie wunderbar es wäre, würde er sie nur immer sinnvoll und zum Guten nützen.

Diesen Blogeintrag widme ich dir, Papa. Ich halte die (technische) Stellung!

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