Haben Wissenschaftler und Soziologen recht, so ist die Sucht nach Aufmerksamkeit, von anderen Menschen angenommen und geliebt zu werden, die am stärksten ausgeprägte, ein noch stärkerer Trieb als Hunger, Durst und Sexualität.
Verfolgt man die sozialen Medien, die Castingshows, Influencer, Blogger, Schauspieler, Firmentreibende, Künstler, Liebespaare, Freundschaften, so macht kaum noch jemand „sein Ding“ nur für sich selbst oder maximal sein nächstes Umfeld. Wir wollen alle ganz groß rauskommen. Bestätigung von allen Seiten.
Wahrscheinlich hat alles einmal so begonnen, dass Menschen ihr Talent in sich gespürt und es auf ihre Art und Weise ausgelebt haben, erst nur für sich, waren erfüllt davon. Ihre Seele hat sich selbst gefeiert, und das war genug. Vielleicht waren diese Menschen ganz bei sich, völlig unabhängig von Lob und Kritik, glücklich im Augenblick. Irgendwann kam dann einer und hat applaudiert.
Ausgesprochen, dass das toll ist, was er da macht und man das sogar kommerziell nutzen kann. Der öffentliche Künstler war geboren. Diesem Sog entzieht sich kaum jemand, das erfordert schon ein hohes Maß an Reflektiertheit und Unabhängigkeit.
Ich las in einer Zeitschrift das Zitat eines Musikers, der da trefflich kundtat: „Irgendetwas muss mit mir nicht stimmen, wenn ich jede Nacht vor 20.000 Menschen Bestätigung suche.“ Hat er recht?
Das wahre Talent kann sich ja kaum mehr entfalten, denn heute geht es um Klickzahlen, Likes, Verkaufsboom und Hysteriebarometer. Der Frontmann der Gruppe WANDA wurde in einem Interview gefragt, da er nun den deutschsprachigen Raum erobert habe, ob er nun die Weltkarriere anstrebe. Seine Antwort war genial, denn er erwiderte: „Welcher Mensch, der klar bei Verstand ist, strebt eine Weltkarriere an?“ Da hab ich innerlich applaudiert. Er nannte Falco als Vorbild, dessen stürmische Karriere jedem bekannt sein dürfte, Falco selbst sagte: „Wenn der Erfolg schneller wächst, als deine Seele wachsen kann, dann hast du ein Problem.“ Er wusste sicher, wovon er sprach. Viele erfolgreiche, aber anscheinend innerlich ganz leere Künstler geben davon Zeugnis.
Menschen messen ihren Wert nach den Anrufen, die sie täglich erhalten, seit das Smartphone erfunden wurde. Keine Nachricht – kein Selbstwert. Wenn man etwas verschickt, pocht man auf Echo. Sonst fühlt man sich übersehen. Dabei genießt der andere vielleicht einfach nur still. Oder hat gerade Arbeit oder Bauchweh.
Alles wird interpretiert und gemessen an der Aufmerksamkeitsskala. Jede Liebeserklärung fordert eine sofortige Erwiderung, bleibt sie aus, wird gleich die Liebe selbst oder die Verbindung infrage gestellt. Vielleicht fehlen dem Gegenüber aber einfach gerade die Worte? Können wir noch geben, ohne innerlich auf die Gegenleistung zu spekulieren? Verrichten wir Arbeiten, wo der einzige Lohn ist, etwas beigetragen zu haben? Keine Geduld mehr, entzieht man uns die Aufmerksamkeit, rasten wir aus. Dabei wäre es ja so einfach: Alles, was wir im Außen suchen, suchen wir ziemlich vergeblich. Aber im Innen ist es wiederum so wahnsinnig schwer zu finden, man muss es selbst suchen, es wird nicht serviert.
Schreibt, singt, malt, tanzt, macht Liebeserklärungen mal nur für euch allein, ohne Publikum, ohne Applaus, ohne Lob. Schreibt einen Text für die Schublade, nur um euch zu erfreuen und singt euer Lied im Auto, nicht vor einer Jury aus selbsternannte Superstars.
Das Schlusswort überlasse ich einem von mir sehr verehrten großen Künstler – David Bowie:
„Alle meine größten Fehler machte ich, wenn ich versuchte, das Publikum zu erfreuen. Meine Arbeit war immer besser, wenn ich sie nur für mich gemacht habe.“
Gute Themen, interessant geschrieben, da bleibe ich dir ab jetzt gerne auf den Fersen 🙂 Liebe Grüße aus dem Ruhrgebiet, Annette
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Herzlich willkommen liebe Annette! Ich freue mich sehr, dass du da bist und wünsche dir schöne Zeiten beim Schmökern, Heidi
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Danke dir und liebe Grüße, Annette 🙂
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Vielen lieben Dank. Auch das Schlusswort sehr schön ausgewählt!
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Ich danke für euer Interesse und rege Beteiligung zu diesem Text!
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Ein wunderbarer Beitrag ist Dir da gelungen. Herzlichen Dank dafür. Den sollten wirklich alle lesen, die sich vorrangig über das Feedback von außen definieren.
Leider ist es wahnsinnig schwer, seine Selbstbestätigung vom Außen ins Innen zu holen. Das erfordert nicht nur ein radikales Umdenken, sondern auch ein „Umfühlen“. Und das ist das Problem. Wer sich selbst nicht lieben kann, wird das auch nicht lernen, solange er jedem Like, jedem Pseudo-Freund im Netz und jeder Sekunde Applaus nachjagt.
Dennoch – „Definiere Dich neu!“, das möchte ich jedem wärmstens ans Herz legen.
Ganz liebe Grüße, Z.
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Danke lieber Zwischenweltler für diese erweiternden Worte! Herzlichste Grüße!
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Hallo, ja zweifelsohne das gibts und hat’s schon immer gegeben, das stolzieren, sich bejubeln lassen, Süchtig danach sein …. nur in unserer Zeit mit Smartphone und co. potenziert sich das in einer Bilderflut wie sie es noch nie vorher gab. Nicht zu vergessen ist das Publikum mit seinen voyeuristischen Neigungen, der Gegenpart, der votet📲, liket, jubelt oder einfach nur Sensationsgeil 😛 ist. Einmal durchschaut👀, sollte man Immun dagegen sein, Impfung 💉gibt’s da leider keine. Schönen Tag noch😎
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Natürlich ist auch das Publikum Teil der Dynamik! Dir auch einen schönen Tag! 🙂
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Geniale Worte von dir. Sehr zum nachdenken und so sehr wahr.
Du schreibst wunderschön und wunderbar.
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Vielen lieben Dank, das freut mich sehr!
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Du hast es auf den Punkt gebracht!
Klasse Beitrag, den ich zuerst bei kopfmarie gelesen habe.
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Da hast du es auf Punkt gebracht. Klasse Beitrag!
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Vielen Dank!
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Meine Liebe, ein herrlicher Beitrag und soooooo was von wahr!
Ich „darf“ deinen Beitrag teilen ❤️
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danke und natürlich, es ist mir eine Ehre!! ❤
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