Der Titel „Die verrückte Psychologin“ machte mich neugierig, und tatsächlich finde ich den Ansatz von Susanna Mittermaier, einer Wiener Psychologin und Psychotherapeutin, die die „pragmatische Psychologie“ entwickelt hat, äußerst interessant.
Sie beleuchtet unter anderem das Bild der Depression aus einer anderen Warte, nämlich weg von der reinen Diagnose, die sie für eine „Momentaufnahme“ hält. Es ist weitreichend bekannt, dass Menschen, denen man sagt, dass sie krank sind, das auch tatsächlich sind oder werden. Aus meiner Arbeit als Physiotherapeutin weiß ich, wie schnell sich Menschen mit ihren Symptomen identifizieren und sie als selbstverständlichen Teil ihrer selbst betrachten.
Susanna Mittermaier will herausfinden, ob die Depression überhaupt der eigenen Gefühlswelt entspringt, oder die Menschen, die darunter leiden, einfach zu empathisch sind für die emotionale Lage ihrer Umwelt, Stichwort: Fremdenergien. Dadurch lenkt sie den Fokus ihrer Arbeit weg vom negativen Aspekt der Depression hin zu der Frage: Steckt dahinter vielleicht ein hohes Maß an Feinfühligkeit, also sogar eine Gabe, und wie weit kann man daran arbeiten, den Blick auf das Potenzial und dessen Entwicklung und weg vom Bild der Krankheit zu richten?
Besonders gut gefällt mir ihr Zitat: „In unserer Welt ist es normal, ein Problem zu haben. Sonst fällt man auf.“
Ich finde diese Gedanken ganz schön revolutionär. In dem Fall würde ich sagen, sie lebt mit den Patienten aktiv das Bild vom halbvollen Glas. Wenn man Leute überzeugen kann, eine Gabe zu haben, dann schenkt man ihnen gleichzeitig das Gefühl, stark zu sein, ganz im Gegensatz zum Bild, das die Allgemeinheit von Depressiven hat.
Ein sehr interessantes Interview, zu lesen in der Juliausgabe der Wienerin. (Artikel geschrieben von Ursula Neubauer)